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Was anfangen mit der Zeit?
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Was anfangen mit der Zeit?

Michael Friedrich
Ein Beitrag von Michael Friedrich, Katholischer Diakon in der Pfarrei St. Peter und Paul, Hosenfeld

"New Yorks dunkelste Nacht" titelten viele Zeitungen, wenn sie über das Ereignis vom 14.07.1977 berichteten. Ganze 25 Stunden war die Millionenstadt ohne Strom. Das ist jetzt 43 Jahre her. Psychologen nutzten das unerwartete Ereignis, um Feldforschung zu betreiben. Sie wollten sehen, wie gehen die Menschen mit einer solchen Situation um und wie reagieren sie darauf. Das Leben in New York stand seinerzeit still. Die Menschen mussten sich einschränken. Viele Dinge des normalen Lebens waren nicht möglich. Und genauso geht es uns weltweit gerade auch. Die Corona-Pandemie beschäftigt uns seit nun gut einem halben Jahr weltweit.

Auch wenn viele Aktivitäten in den letzten Wochen wieder vorsichtig hochfahren konnten, ist die Situation immer noch belastend. Ein Phänomen für viele Menschen: Sie hatten Zeit, Zeit um zahlreiche Dinge zu tun, die oft über Jahre nicht erledigt wurden: Die Wohnung um- und den Keller aufräumen, Kleiderschrank sortieren und vieles mehr. Aber auch Zeit für sich selbst: zum Ausruhen, zum Auftanken. Eine Zeit der Entschleunigung, weil manche Aufgaben nicht erledigt werden mussten: Kein frühes Aufstehen, um zur Arbeit oder zur Schule zu fahren. Keine Veranstaltungen, die geplant werden mussten. Keine Verabredungen, die noch in den Terminkalender gezwängt wurden. Dafür mehr Zeit und weniger Stress für jeden Einzelnen. Eigentlich ein Zustand auf den viele Menschen lange gehofft haben. Und dennoch, oder vielleicht gerade deshalb fühlen sich viele Menschen müde, erschöpft und kraftlos.
Auch wenn Gottesdienste unter bestimmten Maßgaben wieder möglich sind, haben wir im religiösen Leben ebenfalls viele Einschränkungen zu tragen. Es lässt sich ahnen: Ein einfaches Zurück zum Zeitpunkt vor Corona wird es nicht geben. Mit einer neuen Normalität, so wird das häufig bezeichnet, muss ich mich anfreunden. Ich denke gefragt ist dafür Geduld, Disziplin, Durchhaltevermögen und Kraft.

In dieser Situation hilft mir die Bibel. Im Buch Jesaja lese ich Worte, die mich aufbauen und mir Hoffnung geben. "Die aber, die dem Herrn vertrauen schöpfen neue Kraft, sie bekommen Flügel wie Adler" (Jes. 40,31). Ich lese daraus den Appell, die innere und äußere Müdigkeit, die sich in der langen Corona-Zeit eingestellt hat, zu überwinden und zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. Es ist auch die Zusage, mit Gott zu rechnen. Ja, wir dürfen Gott zutrauen, dass etwas Neues, dass etwas anderes passieren kann. Auch wenn jetzt vieles aussichtslos und elend erscheint dürfen wir ihm Vertrauen. Denn Gottes Welt ist größer, voll unendlicher, unerwarteter Wendungen und Möglichkeiten. Er selbst sagt es zu uns an einer anderen Stelle in der Bibel, der Offenbarung: "Siehe ich mache alles neu." (Offb. 21,5)

Daher: Ich hoffe auf eine gute neue Zeit nach der Corona-Pandemie. Vor 43 Jahren leuchtete das Licht in New-York ja auch wieder.

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