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Schlafsack im Schneesturm
Bildquelle Pixabay

Schlafsack im Schneesturm

Martin Vorländer
Ein Beitrag von Martin Vorländer, Evangelischer Pfarrer und Senderbeauftragter für den DLF, Frankfurt

Moderation: Winter ist hart. Erst recht für die, die auf der Straße leben. Dazu der hr1 Zuspruch von Pfarrer Martin Vorländer aus Frankfurt.

Wenn ich vor der Arbeit mit meinem Hund am Main unterwegs bin, komme ich jeden Morgen an ihm vorbei. Er übernachtet unter einer Brücke. Sein Gesicht habe ich noch nie gesehen. Er ist ganz und gar eingemummelt, um sich vor der Kälte und dem Schneeregen zu schützen. Er zieht den Schlafsack auch über den Kopf, weil das Licht unter der Brücke die ganze Nacht brennt. Dass es hier so hell ist, gibt dem Mann ein bisschen Sicherheit. Um ihn herum stehen drei Supermarkttaschen mit seinen Habseligkeiten. Und seine Schuhe. Ausgetretene Sommerschuhe.

Frauen und Männer, die „Platte machen“, sind im Winter besonders gefährdet. Das erzählen die Mitarbeiter von WESER 5, einem Haus der Diakonie für Obdachlose im Frankfurter Bahnhofsviertel. Wer unter der Brücke schläft, muss sich nicht nur vor der Kälte und dem Schneesturm schützen. Betrunkene kommen vorbei und treten auf die ein, die am Boden liegen. Außerdem macht man sich beim Leben auf der Straße ständig Sorgen, dass andere das Wenige klauen, was man hat.

Die Mitarbeiter vom Obdachlosenhaus machen Straßensozialarbeit. Sie bringen Tee und Schlafsäcke für die, die sich sonst nur mit Zeitungen oder Pappkartons zudecken. Im Haus an der Weserstraße 5 können Obdachlose übernachten. Hier gibt es was zu essen und geheizte Räume. Jesus hätte seine Freude daran. Er hat gesagt: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder tut, das tut ihr mir.“ (Matthäus 25,40)

Wenn ich morgens beim Weg mit dem Hund an dem Obdachlosen im Schlafsack vorbeikomme, sehe ich, dass ihm jemand immer wieder einen Geldschein in seine ausgetretenen Sommerschuhe geschoben hat. Für was Warmes. Keiner soll auf der Straße erfrieren oder hungern. In diesen Tagen ist Nächstenliebe besonders gefragt.

 

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