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Liebe ohne Berechnung

Liebe ohne Berechnung

Monika Dittmann
Ein Beitrag von Monika Dittmann, Katholische Seelsorgerin im Altenheim, Flörsheim am Main
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„Ich muss auf meine Kosten kommen“, sagt mir der Handwerker und schaut mich mit entschuldigender Miene an. Ich hatte mich etwas irritiert gezeigt über den Preis für seine Arbeit. Auf ihre Kosten kommen wollen ja alle: auch die Banken, die darüber nachdenken, Negativzinsen zu nehmen. So ist sie eben, die Marktwirtschaft, es geht um Profit und Berechnung der Kosten von Löhnen und Materialien. Das marktwirtschaftliche Prinzip gilt aber nicht, wenn es um Liebe geht. „Gibst du mir, dann geb ich dir!“ Das ist Berechnung. Das ist Verrechnung.

In der Liebe aber gebe ich, weil ich geben will; ich erwarte erstmal keine Gegenleistung. Da, wo Liebe zur Forderung wird, wo sie an Erwartungen geknüpft ist, wird sie scheitern. Liebe hat nichts mit Machen oder Tun zu tun, sondern ist eine Haltung: Ich will das Beste für den anderen. Ich gebe von mir weg, damit der andere bereichert aus unserer Begegnung heraus gehen kann. Liebe, wahre Liebe lebt von der Hingabe, nicht davon, dass jeder auf seine Kosten kommt.

Ich denke an eine alte Dame im Altenheim, die  mittlerweile unbeweglich ist, nicht mehr aus dem Bett kommt, vor sich hin phantasiert und nicht mehr ansprechbar ist. Jeden Tag kommt ihr Stiefsohn, mittlerweile auch schon Rentner. Er sitzt am Bett. Kann nichts tun. Aber er hält ihre Hand, lässt sie spüren, dass sie nicht alleine ist. Warum? Er erklärt mir: „Sie hat mich damals wie ihr eigenes Kind aufgenommen. Hat nicht gefragt, was ich als Stiefsohn einbringen kann. Ich war ihr Sohn. Punkt. Und der brauchte Liebe.“

Nein, die alte Dame hat nie gerechnet. Sie wollte – gerade nach dem Krieg – nicht auf ihre Kosten kommen. Als sie noch sprechen konnte, hat sie mir einmal gesagt: „Liebe kostet nichts. Aber sie macht das Leben lebenswert.“

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