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Frömmigkeit ist Wissen um Gnade
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Frömmigkeit ist Wissen um Gnade

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel
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Er hatte oft Recht, aber er bestand nicht darauf. Er war klug, zugleich aber bescheiden. Der evangelische Pfarrer Jörg Zink ist mit 93 Jahren gestorben. Geboren in Hessen bei Schlüchtern, zog es ihnen nach dem Krieg nach Württemberg. Dort war er Pfarrer für Rundfunk und Fernsehen. Dort betrat er die Bühne. Aber zurückhaltend. Er wurde ein Star beim Wort zum Sonntag und bei Kirchentagen, wollte aber nie einer sein. Er hatte diese fromme Bescheidenheit. Die kommt, wenn man sich nicht selbst auf die Schulter klopft und sagt: Das hast Du gut gemacht. Das ist nur eitel. Frömmigkeit aber ist Wissen um Gnade.

Dann ist die Haltung im Leben eine andere. Man steht aufrecht, aber nie stolz. Man spricht klare Sätze, aber eher leise. Wenn Jörg Zink die Bühne betrat, waren seine Schritte nicht polternd. Er kam meist aus der Seitentür, bildlich gesprochen. Er sprang auf keine Bühne, er betrat sie ruhig. Eben in frommer Bescheidenheit. Und wenn er Recht hatte wie bei seinem großen Gedicht über „Die letzten sieben Tage der Menschheit“ und die Bewahrung der Schöpfung, dann kam vielleicht mal ein Lächeln, aber nie ein: „Siehst Du; ich habe es doch gesagt!“ Wer Recht hat, braucht keinen Lärm. Wer um Gnade weiß, nimmt sich selbst nicht so wichtig. Er sagt einfach, was ist. Und Gott steht ihm bei.

Einbildung ist immer gefährlich. Falsch ist sie sowieso. Einbildung ist Gottlosigkeit, könnte man sagen. Wer weiß, ob das nicht auch mal daneben geht. Viele bilden sich viel ein auf sich. Und tun so, als drehten sie die Welt. Eines Tages dann sind sie weg und kaum jemand vermisst sie. Jörg Zink werde ich vermissen. Wegen seiner frommen Bescheidenheit. Er lebte einfach, was er sagte. Traute der Gnade Gottes mehr als seinem Können. Das ist viel. Es gibt so viel Eitelkeit. Auch im Glauben. Und in der Kirche. Da spricht man von Liebe und hat doch böse Gedanken. Fromm geht anders. Fromm ist, wenn das Herz und der Kopf beieinander sind. Ganz nah. Und man sich auch zu Fehlern bekennt. Die Welt mag so eitel sein, wie sie will. Die Kirche hat bescheiden zu sein. Und fromm. Sie soll keine Angst haben vor der Zukunft. Die Kirche lebt ja nicht von sich. Sie lebt von der Gnade. Wie wir alle.

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