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Die Kämpfernatur Michael Stahl
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Die Kämpfernatur Michael Stahl

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim

Michael Stahl ist Kampfsportlehrer und betreibt eine Sportschule. Dabei lehrt er nicht, wie Menschen andere Menschen verletzen. Sondern wie sie sich verteidigen. Wie sie Grenzen setzen. Es geht in seiner Schule nicht nur um Kampfsporttechniken. Stahl erzählt seinen Schülern auch aus seinem bewegten Leben. Und spricht mit ihnen über seine Erfahrungen mit Gott. Sein Credo: Wenn Menschen nicht wissen, dass sie wertvoll sind, lassen sie alles mit sich machen.

In seiner Kindheit und Jugend hat Michael Stahl genau das erlebt. Im Dorf und in der Schule galt er als Außenseiter. Zu Hause demütigte ihn sein Vater mit Worten und Schlägen. „Du bist eine Schande für die Familie und ein Nichtsnutz“, hörte er oft. Das brannte tiefe Wunden in seine Seele. Immer wieder hatte er schwere Krisen. Michael Stahl lebte auf der Straße und lernte auch die Abhängigkeit Sucht kennen.

Der Kampfsport hat ihm geholfen, seine Wut und seine Aggressionen zu lenken. Und ihm Selbstvertrauen gegeben. Aber auch der Glaube hat ihm geholfen. Schon als Kind ging er oft in die Kirche. Dort erlebte er ein Kontrastprogramm zu dem, was er von zu Hause kannte. Im Rückblick sagt er über die schwierigen Zeiten: „Ich hatte fast nur gehört, dass ich das größte Stück Dreck der Welt sei. Aber Gott hat mir in diesem Moment gesagt, dass er mich liebt.“

Das gibt er heute auch außerhalb der Trainingshalle als Trainer für Gewaltprävention weiter. In den Schulen begegnet er Kindern und Jugendlichen, die Ähnliches erfahren wie er selbst in seiner Kindheit. Offen spricht er mit ihnen über seine Krisen und ihre Sehnsüchte. Und dabei über seinen Glauben. So gibt er seine wichtigste Erfahrung weiter: Wenn ich überzeugt bin, ein geliebter Mensch zu sein, kann ich mein Leben verändern. Dann habe ich genug Selbstvertrauen und lasse nicht alles mit mir machen. Dann kann ich auch auf andere zugehen und mich mit ihnen versöhnen. Weil auch sie geliebte Menschen sind.

So wie er es mit seinem Vater getan hat. Denn die Sehnsucht, sich mit ihm zu versöhnen, war mit der Zeit stark in ihm gewachsen. Rückblickend erzählt er: „Ich habe als Personenschützer gearbeitet. Nach außen war ich stark und knallhart. Aber in Wirklichkeit war ich ein zerbrochener Kerl. Ich sollte für Frieden sorgen, hatte aber keinen Frieden mit meinem Vater.“ Er suchte das Gespräch mit seinem Vater, sprach über seine Verletzungen. Dass er aber keinen Hass empfinde. Das war nicht einfach. Doch er ist froh, diesen Schritt getan zu haben. Sein Vater und er wurden Freunde, als er 37 Jahre alt war.

Deshalb kann er heute von einem liebenden Gott reden. In seiner Sportschule, wo an der Wand der Trainingshalle ein Bibelvers steht „Der Herr ist meine Stärke und mein Schild.“

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