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Der Engel der Heiterkeit
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Der Engel der Heiterkeit

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Sie hat’s nicht leicht. Ihr Baby im Kinderwagen schreit. Schon von weitem

hört man das Schreien. Als sie näher kommt, schreit das Kind immer noch. Irgendeine Babywut, wer kennt die schon alle. Die junge Mutter schiebt den Wagen und spricht zum Kind. Beruhigend spricht sie. Es hilft aber nichts. Das Kind schreit. Jetzt trifft sie auf zwei Männer, die sich unterhalten. Das Kind ist laut, die Männer verstummen. Die Mutter lacht die Männer an. Sie zeigt auf ihr Kind, dann auf sich, und sagt heiter: „Einer von uns beiden hat gute Laune!“            
Heiterkeit hat etwas Göttliches. Manchmal ist es schwer, sich die Heiterkeit zu bewahren. Viele denken: Was ist denn da los, wenn das Kind so schreit. Und haben die Mutter in Verdacht. Ist aber nicht so. Wer weiß schon genau, was ein Kind bewegt. Da hilft es nur, entspannt zu bleiben; die Ruhe zu bewahren. Sich nicht einzwängen zu lassen in den Ärger, die Not. Enge macht hilflos. Heiterkeit sprengt Fesseln. Ein kleiner Scherz, und ich öffne meine Enge, als recke ich mal die Arme und befreie mich. Heiterkeit hat etwas Göttliches. Ich stelle mich über die Dinge, lasse mich nicht beherrschen von der Not.            
Drüberstehen ist eine Kunst. Nicht immer gelingt sie. Oft bin ich zu verwickelt in die Dinge, um sie einfach abzustreifen. Aber dann diese Mutter. Sie strahlt die Männer an und sagt: „Einer von uns hat gute Laune!“ So müsste es sein. Ich trete einen Schritt zur Seite, mache einen Scherz und rette mich. Vielleicht kurz. Aber gut. Die Männer schauen die Frau immer noch an. Auch das Kind schreit weiter. Aber dann lachen die Männer. Sie scheinen voll Achtung für die Frau, verwickeln sie in ein kurzes Gespräch. Und siehe da: Das Kind wird still, als staune es nur noch. Der Engel der Heiterkeit kann nun weiterziehen. Er wird woanders gebraucht.

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