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Bruder Sonne
Pixabay/FelixMittermeier

Bruder Sonne

Jelena Wegner
Ein Beitrag von Jelena Wegner, Evangelische Pfarrerin, Siegbach
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Ich lebe im Siegbachtal in Mittelhessen. Jeden Morgen gehe ich mit meiner Hündin Cleo spazieren. Gleich nach dem ersten Kaffee. Jetzt zurzeit erlebe ich, wie die Natur aufblüht. Grüne Knospen wohnen neben Blättern des letzten Herbstes. Der Frühling entfaltet sich, langsam und zart.

Bei uns im Siegbachtal kommt der Frühling etwas später als im übrigen Hessen. Mit dem Aufblühen wächst auch in mir neue Kraft. Wie die Blumen strecke ich mich der Sonne entgegen.

Franz und seine Brüder

Manchmal denke ich bei meinem Morgenspaziergang an den Sonnengesang des Franz von Assisi. Seine Worte sind 800 Jahre alt, aber zeitlos schön:

"Gelobt seist du, Gott, mein Herr,
mit allen deinen Geschöpfen,
zumal dem Herrn Bruder Sonne,
welcher der Tag ist und durch den du uns leuchtest."

Bruder Sonne… Franz von Assisi findet überschwängliche Worte für die Schönheit der Natur. Eine Lobeshymne auf Gottes Schöpfung. Als er sie schreibt, ist er schwerkrank und liegt im Bett. Umso mehr braucht er die Kraft der Natur.

Franz von Assisi betet. Er dankt für den Reichtum der Schöpfung. Und reiht sich ein. Er spricht von Bruder Sonne und Schwester Mond. Im Italienischen ist Sonne männlich und Mond weiblich: il sole e la luna.

Eine große Familie

Die Gestirne am Himmel, die Lebewesen auf der Erde – alle wie eine große Familie. Franz von Assisi steht zu allem in Beziehung, was Gott geschaffen hat und was lebt. Er spricht sogar von Schwester Tod, die geduldig wartet. Auch der Tod gehört zur Familie. Und der Mensch ist kein Gegenüber zur Natur, sondern mittendrin.

800 Jahre alt sind diese Worte. Aber in ihnen steckt eine Weisheit, die wir heute dringend brauchen: Mensch und Natur sind eins. Gehören zusammen wie Bruder und Schwester. Sie brauchen einander. Wir brauchen einander.

So wie Franz von Assisi betet: "Gelobt seist du, Gott, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen." Auf meinem Morgenspaziergang reihe ich mich ein wie Franz von Assisi. Und denke: Ich, Schwester Mensch, will schützen, wozu ich gehöre.

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