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Arthur und sein vierter Anzug
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Arthur und sein vierter Anzug

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Zum Schluss noch ein Blümchen. Ins Knopfloch oben links. Heute hat Arthur Anzug Nummer vier an; er besitzt fünf. Jeden Sonntag trägt er einen anderen. Er geht gleich aus, ins Gasthaus. Früher mit seiner Frau, heute alleine. Dafür macht er sich fein. Anzug mit Weste, das Haar gescheitelt, ein wenig Lavendel auf die Haut und zum Schluss das Blümchen. Haltung muss sein, sagt Arthur. Leben ist Haltung. Erst innen, dann außen.

Er sieht chic aus. Die Schritte sind langsam. Er geht immer fünfzehn Minuten zum Gasthaus. Dort kennt man ihn. Sein Platz ist frei. Arthur stellt seinen Stock zur Seite und bestellt sich drei Gänge. Suppe, Hauptgericht, Nachspeise. Wie früher mit seiner Marta. Das musste er ihr versprechen vor ihrem Tod. Sonntags gehst Du hierhin, hat Marta mehr befohlen als gesagt. Und Arthur macht es gerne. Das Gasthaus liegt neben dem Friedhof. Da geht er auch noch hin, wenn er satt ist. Und seinen Kaffee hatte, nach dem Pudding. Alles in Würde. Arthur passt auf, dass er nicht kleckert. In sechs Wochen trägt er den Anzug ja wieder. Und zeigt sich: Ohne Haltung kein Leben. Erst innen, dann außen.

Haltung hat mit Glauben zu tun. Wer glaubt, lässt sich nicht gehen. Sich gehen lassen ist wie tot sein, findet Arthur. Tot bin ich noch lange genug. Jetzt lebe ich. Allein und mit Haltung. Wie einst Marta. Ihr zuliebe hält er sich gerade. Pflegt sich wie früher, mit Anzug und Lavendel. Scheitelt das Haar. Marta soll stolz auf ihn sein. Auch noch im Himmel. Gott gab mir Rückgrat, ich mache Haltung daraus, sagt Arthur. Und freut sich auf den Pudding, der ihm gerade gereicht wird.

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