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Schlüsselkompetenz Bedürftigkeit

Schlüsselkompetenz Bedürftigkeit

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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Heute vor sechs Jahren, am 13. März 2013, stieg weißer Rauch auf im Vatikan und ein neuer Papst war gewählt, der sich den Namen Franziskus aussuchte.

Drei Tage später, bei der ersten Pressekonferenz, erklärte er wieso: Franziskus sei für ihn ein Mann der Armut, des Friedens und einer, der die Schöpfung liebt und bewahrt. Und immer wieder unterbrochen von Applaus hat er hinzugefügt: „Wie sehr möchte ich eine arme Kirche und eine Kirche für die Armen!“

Die Spaltung der Welt in Arm und Reich: die war und ist für den damals neuen Papst ein riesen Thema. Sicher hat er dabei die weltweite Situation im Blick, aber konkret zeigt sich diese Schere, die auseinander klafft, ja in vielen kleinen Situationen im Alltag. Auch bei uns in Hessen beschäftigt das Thema deshalb viele Menschen.

„Ich möchte eine arme Kirche und eine Kirche für die Armen!“ Dieser Satz von Papst Franziskus wird bis heute oft zitiert. An ihm wird der Papst auch immer wieder gemessen.

Sein Namensvorbild, Franz von Assisi, hat vor 800 Jahren in Italien gelebt und hat sich freiwillig für ein armes, solidarisches Leben entschieden. Ein wichtiger Wendepunkt in seinem Leben war es, als er auf einmal fähig war, dem aussätzigen Bettler nicht nur ein paar Münzen hinzuwerfen, sondern ihn auch zu umarmen. Gar nicht einfach, so eine Begegnung auf Augenhöhe! Respekt.

Auch Papst Franziskus hat ziemlich wenig Berührungsängste. Immer wieder geht er auf Menschen zu, auch auf solche mit weniger schicken Klamotten, auch außerhalb des Protokolls. Seinen Leibwächtern bereitet das wohl regelmäßig Bauchschmerzen.

Ich nehme Papst Franziskus ab, dass ihn die Menschen wirklich interessieren und dass ihm die Armen besonders am Herzen liegen. Und arm heißt nicht nur materiell bedürftig, sondern das heißt: alle Menschen, die, wie auch immer, benachteiligt und ihrer Würde beraubt sind. Es gefällt mir, wie Papst Franziskus Flüchtlinge getroffen und aufgenommen hat, wie er den Obdachlosen in Rom Waschräume in Vatikannähe hat bauen lassen, am meisten aber beeindruckt mich, wie er immer wieder zugibt, selbst auch bedürftig zu sein und deshalb um das Gebet der anderen bittet.

Da merke ich, dass das vielleicht so eine Art Schlüsselkompetenz ist, die der Papst vermittelt: zu erkennen: auch ich bin bedürftig. Auch ich brauche die Hilfe und das Gebet der anderen, auch ich bin nicht perfekt. Und andererseits will ich auf meine Bedürftigkeit natürlich nicht reduziert werden! Und wenn mir einer begegnet, der jetzt krank oder materiell arm, einsam oder in irgendwelchen Schwierigkeiten ist, dann ist der auch nicht nur bedürftig, sondern zuallererst mal ein Mensch.

Diese Einstellung scheint mir irgendwie hilfreich und alltagstauglich. Und sie könnte meinen Blick verändern auf die bettelnde Frau vor dem Supermarkt oder den nervigen älteren Nachbarn, der immer das Gleiche erzählt. Ich werd‘s mal testen.

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