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Raus aus dem Hamsterrad
Bild: Pixabay

Raus aus dem Hamsterrad

Marcus Vogler
Ein Beitrag von Marcus Vogler, Leitender katholischer Pfarrer der Pfarrei St. Bonifatius Amöneburger Land

In meinem Arbeitszimmer steht für mich gut sichtbar ein kleines Hamsterrad. Ein Gestell aus Metall, das man Hamstern mit in den Käfig gibt, damit die kleinen Tierchen zumindest das „Gefühl“ von Freiheit haben. Der Hamster läuft und läuft bis er irgendwann mit seinen Kräften am Ende ist. Im sprichwörtlichen Sinn ist das Hamsterrad ist ebenso berühmt wie berüchtigt. Es ist ein Bild für den endlosen Alltag, den immer gleichen Trott, die ermüdende Eintönigkeit über Wochen, Monate, Jahre. Das Hamsterrad beschreibt den Zustand, in dem sich Menschen anstrengen, hart arbeiten, strampeln und kämpfen – und am Ende doch auf der Stelle treten.

Mein Hamsterrad in meinem Arbeitszimmer erinnert mich daran, dass es solche Hamsterräder auch in meinem alltäglichen Leben gibt. Leider sehe ich sie oft nicht, oder erkenne sie zu spät. Regelmäßig aus dem Hamsterrad meines Alltags auszusteigen. Den ständigen Kreislauf von Terminen und Verpflichtungen ganz bewusst zu unterbrechen. Das tut mir gut. Und das hilft mir nicht irgendwann mit meinen Kräften am Ende zu sein, wie ein Hamster eben.

Auch wenn es das geflügelte Wort vom Hamsterrad vor 2000 Jahren im alten Israel vermutlich noch gar nicht gegeben hat: Die engsten Freunde Jesu machen dieselben Erfahrungen. Die Bibel erzählt, dass die Jünger Jesus davon berichten, was sie alles getan und wen sie alles gelehrt hatten. Und dann heißt es: Sie kamen kaum zum Essen so groß war der Andrang der Menschen. Das hört sich für mich sehr stressig an. Augenscheinlich waren auch die Jünger Jesu in einem solchen Hamsterrad. Und deshalb lädt Jesus sie ein: "Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus." (Mk 6,31). Jesus zeigt ihnen, dass das Tätigsein auch für das Reich Gottes nur dann freudig und kraftvoll sein kann und bleiben wird, wenn sich die Jünger innerlich und äußerlich regenerieren und erneuern. Die Botschaft für die Freunde Jesu und für uns Menschen heute ist dieselbe: Wir können nicht ununterbrochen für alle Menschen da sein. Wir können nicht immer in Aktion sein. Wir müssen uns davon frei machen, dass der Sinn des Lebens im ständigen Tätigsein besteht.  Allein sein, zur Ruhe kommen! Das ist es, was uns Menschen in regelmäßigen Abständen gut tut.

Stellt sich nun die Frage: Wie bekomme ich das hin. Welches Bild würde Jesus heute verwenden, um statt seiner Jünger uns Menschen von heute aus dem Hamsterrad unseres Alltags herauszuholen? In einem Jugendgottesdienst hat ein befreundeter Pfarrer Jesus folgende Worte in den Mund gelegt: „Kommt mit mir aufs Riesenrad! An meiner Seite seid ihr sicher. Lernt von mir. Von oben sieht die Welt ganz anders aus.

Ist das nicht ein schöner Gedanke: Von oben betrachtet sieht die Welt ganz anders aus! Mit Jesus im Riesenrad des Lebens – also Jesus an meiner Seite zu haben, das entlastet. Ich muss nicht perfekt sein. Ich gebe mein Bestes und Jesus tut den Rest dazu und das ist viel. Selbst wenn ich versage oder schuldig werde, darf ich zu ihm kommen. Er vergibt, hilft wieder auf die Beine und geht mit mir Schritt für Schritt weiter. Das Riesenrad dreht langsam. Morgen zum Beispiel ist Sonntag. Eine gute Gelegenheit, im Getriebe des Alltags mal einen Gang zurückzuschalten und Zeit zu haben. Zeit, um zu überlegen, was im Leben wirklich wichtig ist. Zur Ruhe kommen, die Hektik des Alltags vergessen und sich auch von Gott ansprechen zu lassen - eine gute Möglichkeit zu all dem bietet auch der Sonntagsgottesdienst. So wird der Sonntag zu einer Schnaufpause – lebensnotwendig für Leib und Seele. Eine Einladung, um aus dem Hamsterrad des Alltags einmal auszusteigen.

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