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Wie hältst du es mit dem Virus?
privat/Martin Vorländer

Wie hältst du es mit dem Virus?

Andrea Seeger
Ein Beitrag von Andrea Seeger, Evangelische Theologin
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Moderation: Die meisten Hessen haben sich vorbildlich verhalten, die Zahl der Infektionen sinkt. Andere Bundesländer haben die straffen Zügel schon länger gelockert. Nun ist es auch in Hessen so weit: Grundschulen nehmen ihren normalen Betrieb auf, Kitas folgen, Schwimmbäder, Badeseen und Saunen können für Gäste öffnen. Sportler dürfen trainieren und sich dabei nahekommen, viele Menschen sich treffen. Ist also alles wieder gut? Mitnichten! Es dürfte schwieriger werden, meint Andrea Seeger von der evangelischen Kirche.

Meine Schwester wohnt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln. Wir hatten uns lange nicht mehr gesehen. Am vergangenen Samstag wollte sie uns mit Mann und Tochter besuchen. Kein Problem bei zwei Haushalten.

Nach Wochen schönsten Frühlingswetters war die Vorhersage für diesen Tag niederschmetternd. Absagen aber war keine Option, wir hatten uns doch so gefreut, uns wiederzusehen.

Am Morgen schrieb sie mir, dass sie auch ihre zweite Tochter mitbringen wolle, die schon ausgezogen ist. Blitzschnell antwortete ich: Bitte nicht! Das Wetter ist so schlecht, wir können nicht raus.

Sie will mich umarmen - ich weiche aus

Sie kamen also zu dritt, ohne die zweite Tochter. Meine Schwester war deswegen verstimmt, wollte mich aber trotzdem umarmen. Ich wich aus.

Meine Versuche zu erklären, dass wir aus Angst vor Ansteckung sehr vorsichtig sind, wischte meine Schwester mit der Bemerkung beiseite: "Bei uns in Nordrhein-Westfalen ist Corona vorbei."

Das sollte wohl lustig sein. Mein Mann, meine beiden Söhne und ich konnten aber nicht lachen. Wir versuchten, uns so weit entfernt wie möglich im Zimmer zu verteilen, auch die Terrasse bezogen wir ein – kalt hin, kalt her.

Sie blieben nicht sehr lange. Wir haben uns im Rahmen des rechtlich Möglichen bewegt. Es ging nicht gut.

Mehr Freiheit, mehr Verantwortung

Nun also mehr Freiheit. In der Öffentlichkeit können sich zehn Personen treffen - unabhängig davon, woher sie stammen. Für Treffen im privaten Raum entfällt eine Obergrenze, nur der Mindestabstand soll eingehalten werden.

Jetzt muss jeder aus der Deckung kommen. Die Frage lautet: Wie hältst du es mit dem Virus? Denn das Corona-Virus ist nicht verschwunden. Mir wird klar: Verbote können entlastend wirken. Mehr Freiheit bringt mehr Verantwortung mit sich, von jeder und jedem einzelnen.

Es braucht Regeln für das Miteinander. Immer noch leitet dabei der Respekt vor der Gesundheit anderer. Auch eine Form von Nächstenliebe. Dafür brauche ich ab jetzt mehr Standfestigkeit. 

 

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