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Die Sprache Adams
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Die Sprache Adams

Ein Beitrag von Christof Hartge, Alt-Wildungen
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Von Adam, dem ersten Menschen, heißt es, er habe den Tieren, die Gott gerade geschaffen hatte, Namen geben dürfen.

Vielleicht ging das ja manchmal ganz schnell, aber insgesamt stelle ich mir das als eine zwar wunderbare, aber doch mühsame Arbeit vor. Wie soll dieses merkwürdige Tier, das am Abend im Unterholz des Garten Eden raschelt, heißen? Als Adam nähertritt, läuft es nicht weg. Es zeigt nach außen nur Stacheln. Die Spitze Nase und die kurzen Beinchen sind verschwunden, es zeigt sich nur ein Ball mit unzähligen spitzen Stacheln. Wie lange wird es gedauert bis Adam das Tier „Igel“ genannt hat?

Ich stelle mir vor, dass Adam den Igel eine ganze Weile beobachten musste, bis dieser richtige Name gefunden war. So ging es Adam, so geht es Menschen auch heute.

Es gibt viele, die sich Adams Mühe, die Worte zu finden, wieder machen müssen. Menschen, denen Namen und Begriffe entfallen sind. Es kann ein winziges Gerinnsel im Gehirn gewesen sein, ein Aneurysma, nicht rechtzeitig entdeckt, und der Mann oder die Frau sucht wieder nach den Wörtern zu den Dingen. Es kann aber auch sein, dass man Dinge, die in der Seele liegen, sagen möchte und einfach nicht die passenden Wörter findet, wie sehr man auch danach sucht. Aber so, wie das Tier, das noch keinen Namen hatte, dennoch geschäftig im Unterholz raschelt, so zeigen sich auch die anderen Dinge, die nicht gesagt werden können. Sie zeigen sich durch ein Ausatmen, durch ein Seufzen. Da liegen sie drin verborgen. Da kann jeder ihre Existenz hören, auch wenn sie jetzt nicht ausgesprochen werden können.

Das ist eine Not-Sprache, die Menschen benutzen, wenn alle Worte fehlen, das Richtige zu sagen. Es heißt von Gott, er habe Adam begleitet, als er die Tiere benannte. Da wird er Adam zugehört haben, als der sich Mühe gab, die Tiere, Pflanzen und Dingen zu benennen. Ich vertraue darauf, dass Gott das auch jetzt tut. Denen, die nach Worten suchen müssen, oder grad keins finden, hört er zu.

Im Seufzen liegen oft ganz viele Worte. Und dafür hat er ein Ohr, nämlich für die unausgesprochene Sprache, die im Ungesagten verborgen liegt.

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