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Das Warten und Seufzen der Schöpfung
Bildquelle: Rudy and Peter Skitterians/Pixabay

Das Warten und Seufzen der Schöpfung

Karl Waldeck
Ein Beitrag von Karl Waldeck, Pfarrer, ehem. Direktor Evangelische Akademie Hofgeismar, Kassel
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Heute ist Freitag in der Woche zwischen dem 2. und 3. Advent. „Advent“ heißt „Ankunft“. Vor der Ankunft steht das Warten. Oft zumindest. Wer kann eigentlich warten? Die schlichte Antwort lautet: Warten ist an kein Geschlecht und kein Alter gebunden: Alle Kulturen sind im Warten miteinander verbunden – mögen auch die Inhalte verschieden sein, worauf gewartet wird.

Können eigentlich auch Tiere warten? Wer selbst ein Tier besitzt, wird es bejahen: Tiere warten: der Hund, dass man mit nach draußen geht, die Katze, dass sie gefüttert wird – und beide verstehen es auch, ihren Wunsch unmissverständlich einzufordern. Immer wieder ist zu lesen und zu hören, dass ein Hund an einer Haltestelle über Jahre wartet − auf das inzwischen verstorbene Herrchen oder Frauchen. Anrührend sind solche Geschichten. 

In der Bibel ist in einem weiteren, tieferen Sinne vom Warten der Geschöpfe die Rede. Der Apostel Paulus spricht in seinem Römerbrief vom „ängstlichen Harren der Kreatur“ und dass „die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt.“ Auch im Warten ist die Schöpfung miteinander verbunden – Mensch, Tier und Pflanze, die gesamte Erde. Doch es sind gemischte Gefühle, die dieses Warten begleiten: „ängstliches Harren“, die Schöpfung seufzt; sie liegt in Wehen mit Schmerzen – und wenn man das Bild der Wehen weiterdenkt: Es ist zugleich ein Warten in Hoffnung, auf Neues, auf neues Leben.
Auch die Schöpfung wartet – Geschöpfe warten, ängstlich mit Schmerzen. Für den Apostel Paulus verbindet alle Kreaturen die Vergänglichkeit. Mensch, Tier und Pflanze sterben – und in ferner Zeit auch unser blauer Planet. Dass Tod und Vergänglichkeit nach Gottes Wille nicht das letzte Wort haben, darauf hofft, wer glaubt.

Im Warten sind Gott, Mensch, alle Geschöpfe miteinander verbunden − im ängstlichen Harren, in Schmerz, Seufzen und Hoffnung. Im zu Ende gehenden Jahr ist allenthalben deutlich geworden, welchen Anteil der Mensch daran hat, dass die Schöpfung leidet, dass Arten verschwinden. Davon ist letztlich auch der Mensch betroffen, manche Menschen und Gegenden dieser Erde mehr als andere. Wir müssen nicht weit schauen, was geschieht, wenn wir der Schöpfung schaden, Schmerzen zufügen – durch unser Tun, Konsumverhalten und Gedankenlosigkeit, direkt und mittelbar. „Ängstlich harrt die Kreatur“; sie wartet nicht nur in der Adventszeit darauf, dass wir aufwachen, umdenken, uns selbst als Teil der Schöpfung und nicht als ihr Herr verstehen. Sollte das eine zu große Erwartung sein?

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