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Das mach ich doch mit Links
Bild: Pixabay

Das mach ich doch mit Links

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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„Das mach ich doch mit Links“, sagen viele Menschen, wenn sie ausdrücken wollen, dass sie etwas nebenher oder ganz leicht erledigen. Den meisten Menschen in Deutschland fällt es schwer, etwas mit Links zu tun. Ungefähr 90 Prozent der Bevölkerung sind Rechtshänder.

Heute, am Tag der Linkshänder, steht die linke Hand im Mittelpunkt. Gott sei Dank müssen sich Linkshänder heutzutage nicht mehr gegen eine Umschulung auf die rechte Hand wehren. Trotzdem gibt es für Linkshänder im Alltag immer wieder Schwierigkeiten. Das merkt man ganz schnell, wenn man mal versucht, eine Dose mit der linken Hand zu öffnen, unverkrampft links zu schreiben oder einfach nur mit links mit einer Schere zu schneiden. Das geht bei mir eben nicht mal einfach so "mit links".

Auch wenn inzwischen Linkshänder ohne Weiteres akzeptiert werden, finden sich in der Sprache immer noch abwertende Redensarten. Zum Beispiel bedeutet „jemanden links liegen lassen“, jemanden zu missachten; oder man wird jemanden „mit zwei linken Händen“ kaum um Hilfe beim Renovieren bitten.

Dabei ist Linkshändigkeit nur eine interessante Variante der Natur. Eine Besonderheit, die oft mit positiven Eigenschaften verbunden ist:  Wissenschaftler der University of Birmingham haben festgestellt: Das gesamte Weltbild der Linkshänder ist anders. Die Gründe dafür liegen in den zwei Gehirnhälften, die ein anderes Bild erzeugen.

Unser Gehirn besteht aus zwei Seiten – der linken und der rechten Hemisphäre. Im Laufe der Entwicklung vom Kleinkind zum Erwachsenen spezialisieren sich diese Gehirnhälften immer mehr und übernehmen unterschiedliche Aufgaben. Die linke Gehirnhälfte ist auf logisches Denken spezialisiert, sie steuert auch die Detailwahrnehmung und ist Sitz des Sprachzentrums. Die rechte Gehirnhälfte ist für die Kreativität und die Wahrnehmung des Großen Ganzen verantwortlich. Sie denkt ganzheitlich und intuitiv und steuert auch Wahrnehmungen, Emotionen und Fantasie.

Bei Linkshändern ist die rechte, kreative Gehirnhälfte besser ausgeprägt und somit dominanter. Vermutlich deshalb finden sich Linkshänder öfter in kreativen Berufen.

Für mich sind diese Fakten ein Beweis dafür, dass man nie etwas, was „anders“ ist, abwerten sollte. Menschen früherer Generationen haben Kinder gezwungen, mit der so genannten „schönen Hand“ zu schreiben und ihnen damit Schaden zugefügt. Der einzige Grund war: Die meisten Kinder schreiben mit rechts.

Offenbar fällt es Menschen immer wieder und in vielen verschiedenen Zusammenhängen schwer, zu akzeptieren, dass jemand anders denkt, anders aussieht, sich anders verhält oder anders ist. Es wird erwartet, dass sich die Minderheit der Mehrheit anpasst und unterordnet.

Dabei ist es einfach falsch und dumm, den Reichtum und die Vielfalt der Schöpfung nicht als Geschenk zu betrachten. Erst, als man erforscht hatte, dass Linkshänder oft kreative Menschen sind, war es in Ordnung, mit Links zu malen. Dabei hat es vorher auch niemandem geschadet, wenn ein Kind mit Links gemalt hat.

Meine Oma hat oft gesagt „Der liebe Gott hat einen großen Tiergarten“ – damit wollte sie ausdrücken: Für Gott sind auch die Menschen in Ordnung, die ich vielleicht ein wenig seltsam finde. Mir hat sie damit grundlegend vermittelt, woran ich bis heute festhalte: Jeder Mensch ist ein wunderbares Geschöpf Gottes! Und der liebe Gott hat viel mehr Fantasie und viel mehr Toleranz als wir Menschen. Wir sind verschieden und das ist auch gut so!

 

 

 

 

 

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