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Buen vivir - gutes Leben für alle
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Buen vivir - gutes Leben für alle

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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Heute vor acht Jahren ist Papst Franziskus ins Amt gewählt worden. Er ist der erste Papst aus Lateinamerika. Das war damals eine ziemliche Sensation.

Ebenfalls aus Lateinamerika stammt ein Lebenskonzept, das Papst Franziskus bestimmt gut bekannt ist: „Buen vivir“. So nennt man in Teilen Lateinamerikas das „gute Leben“ und meint damit nicht „mein Haus, mein Auto, mein Traumurlaub“. Nein, gemeint ist dabei ein gutes, nachhaltiges Leben in Einklang mit der Gemeinschaft und mit der Natur. Es geht also nicht nur ums private Glück. Deshalb wird „buen vivir“ meist mit „gutes Leben für alle“ übersetzt.

Ein gutes Leben für alle – steht in der Verfassung

Dieses Konzept hat seinen Ursprung in den indigenen Gesellschaften Lateinamerikas. (Und interessanterweise haben die Regierungen von Bolivien und Ecuador vor etwa 15 Jahren „Buen vivir“ sogar in der Verfassung verankert.)

Papst Franziskus hat in seiner bisherigen Amtszeit viel geschrieben und veröffentlicht. Für mich ist die Enzyklika „Laudato si“ aus dem Jahr 2015 sein wichtigstes Werk und Statement. Er spricht darin von der „Sorge um das gemeinsame Haus“ und meint damit unsere Welt.

Wir tragen Verantwortung für die, die nach uns kommen

Dass Päpste sich für soziale Gerechtigkeit und für die Armen einsetzen, das gab es schon früher. Besonders an „Laudato si“ aber ist: Das Leiden von Menschen und das Leiden der Schöpfung, also der Natur, wird zusammen gesehen. Und höchst aktuell ist auch der Aspekt: wir haben nicht nur Verantwortung für Menschen, die zeitgleich mit uns leben, sondern auch gegenüber den Generationen nach uns.

Sorge für andere, wie für dich selbst

Da gibt es viele Parallelen zum Konzept von „buen vivir“, vor allem wenn Papst Franziskus anprangert, dass wirtschaftliches Wachstum und persönlicher Reichtum zum allgemeinen gesellschaftlichen Credo geworden ist.

Ich verstehe die Enzyklika „Laudato si“ auch als eine Konkretisierung und Aktualisierung von dem, was Jesus vor 2000 Jahren sagte: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen“ (Matthäus 7,12a) - Nur ist die Welt heute komplexer und vernetzter als damals. Und Jesus musste sich mit dem Klimawandel oder dem, was auf der anderen Seite der Welt passierte, nicht auseinandersetzen.

Die goldene Regel einhalten

Wir haben im Deutschen diese sogenannte „Goldene Regel“ andersherum in Reimform gefasst: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“

Also: Wenn du überleben willst, dann lebe so, dass auch andere überleben. Wenn du von deiner eigenen Arbeit leben möchtest, dann ermögliche das - durch faire Preise, durch angemessenen Lohn – auch den anderen. Wenn du weißt, dass dich die Einsamkeit krank macht, dann schaue, dass niemand in deinem Umfeld in die Isolation gerät… Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen, wenn man erst mal anfängt, die Goldene Regel so auszubuchstabieren.

Beim genauen Hinsehen, wird schnell klar, dass das „Leben in Fülle“, von dem Jesus in der Bibel spricht (Johannesevangelium 10,10), recht ungleich verteilt ist – und das nicht erst seitdem das Corona-Virus grassiert.

Der wichtige Blick über den eigenen Tellerrand

Bei all diesen Handlungsmaximen, „Buen vivir“, der Goldenen Regel, der Enzyklika „Laudato si“, immer braucht es die Fähigkeit, sich in andere Menschen hinein zu versetzen und über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Und es geht darum, nicht nur die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen, sondern das Wohl aller im Blick zu haben, eben „das gute Leben für alle“.

Das ist für mich auch morgen ein wichtiges Kriterium. Da sind nämlich Kommunalwahlen in Hessen und Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Ich erwarte auch von den Politikerinnen und Politikern, dass sie sich einsetzen für ein gutes Leben für alle.

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