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Bei Großmutter ist nicht alles glatt gelaufen
Pixabay/Tania Van den_Berghen

Bei Großmutter ist nicht alles glatt gelaufen

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim
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Es klingelt an der Haustür. Wie schön, denkt Gisela. Endlich ist sie da: Hanna. Ihre Enkelin. 17 Jahre ist sie alt. Gisela öffnet die Tür. Hanna sieht bekümmert aus. Beide setzen sich an den Tisch im Wohnzimmer, wie immer mit Apfelschorle und selbstgebackenen Mandelplätzchen.

Die Oma um Rat fragen

„Oma“, sagt Hanna, „du weißt doch noch, wie ich dich letztens um Rat gefragt habe. Weil ich nicht genau weiß, was ich nach dem Abi machen soll.“

Gisela erinnert sich natürlich. Sie ist sehr gerne Oma. Sie spürt, dass Hanna ihr guttut. Und sie spürt, dass es ihrer Enkelin ähnlich geht, dass sie gern zu ihr kommt.

Großeltern und Enkel halten sich gegenseitig für wichtig

Das geht offenbar vielen Großeltern und Enkeln so. Nach aktuellen Untersuchungen[1] sind neun von zehn Großeltern überzeugt, dass sie für ihre Enkelkinder bedeutsam sind. Das ist keine Fehleinschätzung: Ebenso viele Enkel zwischen 12 und 16 Jahren halten ihre Großeltern für so wichtig, dass sie mit ihnen regelmäßig Kontakt halten. Oma und Opa sind – nach den Eltern – die wichtigsten Menschen für Kinder und Jugendliche. Und nur jeder fünfte Teenager hält seine Großeltern für altmodisch.[2]

Gisela hält sich selbst auch nicht für altmodisch. Doch manchmal fragt sie sich: Was kann ich meiner Enkelin mitgeben? Ich habe doch auch nicht alles richtig gemacht im Leben.

Was können die Jungen von den Alten lernen?

Die Frage hat sich auch der Theologe Fulbert Steffensky gestellt. Was können die Jungen von den Alten lernen? Gerade heute, da sich die Welt so rasant verändert. Er ist selbst 88 Jahre alt und kommt zu einer überraschenden Erkenntnis. Wir sollten den Jungen von unseren Erfolgen erzählen, aber auch von unseren Niederlagen im Leben. Er sagt: „Ich glaube, dass junge Menschen in ihrer Seele vor allem nachvollziehen können, was uns misslungen ist. Oder was uns verloren gegangen ist. Sie lächeln über uns, wenn wir uns in der Siegerpose gefallen. Aber hören uns zu, wenn wir ihnen ein Versagen gestehen.“[3]

Auch die nicht gelungenen Geschichten zählen

Soweit Fulbert Steffensky. Das erinnert mich an die vielen biblischen Geschichten, die vom Scheitern und neu anfangen erzählen. Von Generation zu Generation sind nicht nur Erinnerungen an gelungenes Leben überliefert. Sondern auch an Menschen, die versagt haben und auch mal feige waren. Gleichzeitig berichten sie: Gerade in ihren schwachen Momenten spürten sie Gott an ihrer Seite. So haben sie Mut gefunden und stehen zu den Brüchen in ihrem Leben.

Ich finde das entlastend für Großeltern. Sie können auch von ihren schwierigen Phasen erzählen und gerade so ihre Enkel auf dem Weg durch das Leben begleiten.

Brüche gehören zum Leben dazu

So manchen Bruch gab es auch in Giselas Leben. Sie erzählt Hanna, dass sie damals eine Ausbildung angefangen hatte, die dann doch nichts für sie war. In der Schneiderei. Sie sagt: „Ich habe abgebrochen und was Anderes angefangen. Das war zu Hause ein ganz schöner Konflikt. Erst habe ich gedacht, ich hätte versagt. Ich habe dann Köchin gelernt. Das war das Richtige für mich.“

Ein Rezept für die richtige Ausbildung für ihre Enkelin hat sie nicht. Doch sie merkt, Hanna ist deutlich entspannter, als sie weiter von ihrer Suche und ihren Ideen erzählt.


[1]www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/wir-fuer-sie/aeltere/aktives-alter-und-ruhestand/grosseltern-und-enkel

[2] Ebenda.

[3] Publik-Forum, Extrathema Rat suchen, Rat geben, September 2021, 34.

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