Zeugen des Glaubens
Zeugen des Glaubens sind Menschen, die in schwierigen Zeiten gegen Widerstände ihren Glauben bezeugt und gelebt haben. Ich denke an meine Oma aus Duisburg. Wenn Glaubensmut heißt: mal aufstehen, wenn Einspruch gefragt ist, sich für andere einsetzen: Dann denke ich an sie.
Sie war durch ihr Äußeres schon respekteinflößend. Jahrelang Witwe, immer in schwarz, Alles straff nach hinten gekämmt zum Dutt. Dazu ein schwarzer Riesenhut mit noch riesigerer Hutnadel. Beten war für sie grundlegend. Immer und überall. Für mich als Enkel anfangs ein bisschen viel. Ob Mittag- oder Abendbrot, immer hat sie gebetet. Und danach auch noch singen.
Aus ihrem Glauben zog sie Kraft: Sich mutig einzusetzen, einzuschalten, wo andere schweigen oder wegschauen: für arme Familien im Ruhrgebiet. Mit den Ämtern kämpfen, sich anlegen – für Andere. Sie ist in ihrer Kirchengemeinde damit angeeckt. Hat nie locker gelassen oder den Mund gehalten. Auch, wenn sie gegen den damaligen Mainstream gekämpft hat. Sie hat für viele kleine Leute gekämpft: für Familien im Minus, für ausgelaugte Arbeiter der Stahlhütte, denen man gekündigt hatte, für Kinder, die gefälligst schaffen gehen sollten, anstatt länger zur Schule. Oft saß ihre Wohnung voll von Ratsuchenden. Es gab Tränen, Butterbrote und manchmal auch einen Likör. „So“, sagte sie, das wollen wir doch mal sehen. Und dann zog sie los. Um für andere zu kämpfen, zu streiten.
Manchmal denke ich, ich bin so tolerant, dass ich manchmal nicht merke, wann mein Einspruch gefordert ist. Glaubenszeuge sein, das heißt: Mal aufstehen. Notfalls weggehen, wenn sich ein Gespräch zum Beispiel in Richtung Ablästern über andere entwickelt. Erhobenen Hauptes sagen, was ich richtig finde. Mir machen Menschen um mich herum Mut, die versuchen, in den Spuren Jesu zu gehen. Wie meine Oma aus Duisburg.
