Reifenwechsel
Heute gibt es Frauen, die Astronautinnen werden, und Männer, die im Kindergarten als Erzieher arbeiten. Frauen spielen Fußball und Männer machen Synchronschwimmen – beides Sportarten, die lange als reine Männer- oder Frauensache galten. Toll, wenn es nicht auf das Geschlecht ankommt, sondern darauf, was ein Mensch kann und gerne macht. Es sieht also so aus, als hätten wir die Gleichstellung von Frau und Mann erreicht.
Wenn Frauen Reifen wechseln ...
Naja. Nicht ganz. Nicht immer. Das merke ich zum Beispiel, wenn ich die Reifen an unserem Auto wechsle. Das war ja gerade erst wieder und ist an sich kein großes Ding: Auto vor die Garage fahren, Wagenheber rausholen, Sommerräder runter, Winterreifen drauf. Trotzdem bleiben erstaunlich viele Leute stehen und schauen zu, wie ich das mache. Meistens sind es Männer, die dann was sagen.
Meistens sind es Männer, die was sagen
Manche Männer meinen, sie müssten mir Tipps geben: „Sie wissen aber schon, dass Sie die Schrauben nach ein paar Kilometern nachziehen müssen!“ Ja, das weiß ich. Andere Männer loben: „Wow, eine Frau, die Reifen wechseln kann!“
Im Berufsleben lösen Frauen deutlich schwiereigere Aufgaben
Das ist nett, aber mir kommt das trotzdem komisch vor. In meinem Beruf löse ich deutlich schwierigere Aufgaben. Und wenn ich im Familienalltag eins unserer Kinder hochnehme, muss ich deutlich mehr Gewicht tragen als bei so einem Reifen.
Schon in der Bibel gibt es Männer, die kochen, und Frauen, die oberste Richterinnen sind
Es gibt Tage, da ärgere ich mich – sowohl über die Tipps als auch über das Lob. An anderen Tagen kann ich darüber schmunzeln, weil ich weiß: Eigentlich meinen es alle gut.
Komisch eigentlich: Schon in der Bibel gibt es Männer, die kochen, und Frauen, die oberste Richterinnen sind. Und das steht da ganz selbstverständlich – ohne dass jemand das kommentieren müsste.
