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Kolumbus wollte nach Indien

Kolumbus wollte nach Indien

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim

Heute jährt sich wieder einmal die Entdeckung Amerikas. Am 12. Oktober 1492 erreichte Christoph Kolumbus die Bahamas. In der Rückschau ein großes historisches Ereignis: Für die Europäer erschloss sich von da an eine neue Welt. Dabei hatte Kolumbus eigentlich ein ganz anderes Ziel mit dem spanischen Königshaus vereinbart. Er sollte den westlichen Seeweg nach Indien finden. Doch er gelangte nicht an die Ostküste Asiens, sondern nach Amerika. Ironie der Geschichte: Ein großes Ereignis basiert auf einem Irrtum, einem Fehler.

Ich habe die Anforderungen nicht erfüllt, die Zielvereinbarung nicht eingehalten: Davor haben viele Menschen in ihrem Berufsalltag Angst. Fehler verzeihen ist nicht so einfach. Nicht bei sich selbst und nicht bei anderen. Natürlich möchte niemand absichtlich einen Fehler begehen. Klar ist aber auch: Nur wer nichts macht, macht keine Fehler. Aber viele Menschen sind in ihrem tiefsten Inneren überzeugt, dass sie nur ohne Fehler vollwertige Menschen sind. Das aber ist ein unerreichbares Ziel. Deshalb kann nur scheitern, wer so einen Gedanken zum Maßstab seines Selbstwertgefühls macht.

Jesus hat einen anderen Umgang mit sich selbst und anderen empfohlen. Er hat gesagt: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist.“ Gott weiß: Fehler gehören zu uns Menschen dazu. Immer wieder hat Jesus Geschichten von Menschen erzählt, die in ihrem Leben schwere Fehler begangen haben und doch etwas Gutes aus ihrem Leben gemacht haben. Hat von Gott erzählt, der Fehler verzeiht und die Möglichkeit hat, aus Irrtümern und Verfehlungen Neues entstehen zu lassen.

Einen Schritt in die richtige Richtung machen zum Beispiel Unternehmen, die eine eigene Fehlerkultur entwickelt haben. Sie soll den Mitarbeitenden die Angst vor Fehlern nehmen. Entwicklungsbüros sammeln im Betriebsablauf Fehler ein. Wird aus einem Fehler etwas Neues, bekommt der Fehlermacher eine satte Prämie. Die Mitarbeitenden machen dann im Endeffekt weniger Fehler, weil sie aus ihnen lernen. Es geht also nicht darum, alles perfekt zu machen, sondern kreativer.

Ich finde: Wir brauchen noch viel mehr von so einem gesunden, barmherzigen Umgang mit der eigenen Fehlbarkeit. Ein Mensch, der mit sich selbst im Reinen ist, geht mit Fehlern anders um. Das kann berufliche und auch private Beziehungen entlasten. Gemeinsam zu überlegen, was aus einem Fehler entstehen kann: Das erfordert Barmherzigkeit, die Jesus uns vorgelebt hat. Denn nur aus Fehlern wird man bekanntlich klug. Aus manchen Fehlern kann sogar unerwartet Neues entstehen, wie bei Kolumbus, der nach Indien wollte und eine neue Welt entdeckte.

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