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Gesicht zeigen
Bild: Susann Cipriano/Pixabay

Gesicht zeigen

Kathrin Wittich-Jung
Ein Beitrag von Kathrin Wittich-Jung, Evangelische Pfarrerin, Studienleiterin, Hofgeismar
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Wir zeigen Gesicht! Unter diesem Motto findet in Wolfhagen an jedem dritten Samstag im Monat eine Mahnwache statt. Natürlich unter haltung der Abstandsregeln.

Menschen treten ein für Demokratie, gegen Hass, und Rechtsextremismus.

Anlass war im Juni 2019 die Ermordung des Politikers Dr. Walter Lübcke durch Rechtsextreme.
Damals sind hunderte Menschen auf dem Marktplatz in Wolfhagen zusammen gekommen. Gemeinsam trauerten sie und zeigten ihr Entsetzen über diesen Mord.

Und: Sie haben Gesicht gezeigt. Mit ihrer Mahnwache treten sie ein für eine offene, bunte und gerechte Gesellschaft.

Das hat mich beeindruckt und ich dachte: "Das darf nicht aufhören. Wir müssen weiter machen und zeigen, dass rechtes Gedankengut bei uns keinen Platz hat." Und so hat sich eine Initiativgruppe aus Vertreterinnen von Stadt und Kirchengemeinde gegründet. Seitdem treffen wir uns einmal im Monat zur Mahnwache. Das Besondere daran ist: Es ist keine einzelne Gruppe, die die Mahnwachen veranstaltet. Wir sind viele. Menschen aus Vereinen, Parteien, aus der Kirchengemeinde und dem Stadtparlament gestalten im Wechsel die Mahnwache.

Und es hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, samstags auf dem Marktplatz zu stehen und Gesicht zu zeigen:
Da waren die Schüsse auf die Synagoge in Halle. Morddrohungen vom rechten Spektrum gegen Politiker*innen. 

Auf einmal ist es salonfähig geworden, sich offen fremdenfeindlich zu äußern.

Mir macht das Angst: Ich habe Angst, irgendwann in einer Gesellschaft leben zu müssen, in der rechte Gewalt und Politik an der Tagesordnung sind. Mal fühle ich mich ohnmächtig und dann frage ich wieder. Was kann ich dagegen tun?

Aufstehen und Gesicht zeigen. Dazu ermutigt mich mein Glaube. Ein Vers in der Bibel lautet:

"Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht. Sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit." ( 2 Tim 1,7) Mir macht der Vers Mut: Gott hat mir Kraft, Liebe und Besonnenheit ins Herz gelegt. Nicht Angst. 

Bei Gott haben eben alle Menschen Platz – egal woher sie kommen, oder welche Religion sie haben. Gott hat den Geist der Liebe ins Herz gelegt. Und nicht Hass oder Häme.

Dafür stehen wir auf. Und zeigen Gesicht.

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