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Einer wartet immer
Bildquelle: Gerd Altmann/Pixabay

Einer wartet immer

Karl Waldeck
Ein Beitrag von Karl Waldeck, Pfarrer, ehem. Direktor Evangelische Akademie Hofgeismar, Kassel
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Heute ist Donnerstag, der Donnerstag zwischen dem 2. und dem 3. Advent. In noch nicht einmal zwei Wochen ist Heilig Abend, Weihnachten. Advent heißt übersetzt – Ankunft. Zur Ankunft gehört – oft zumindest – Warten.

Warten, das Gefühl kennt jeder. Kein Wunder, dass auch in der populären Kultur, in der Musik und im Kino die große Geste des Wartens zu finden ist – in ganz unterschiedlichen Tonlagen: „J*attendrai“ – „Ich werde warten“, singt Rina Ketty in einem Chanson aus den 30er Jahren. Ein halbes Jahrhundert später war das Lied in dem Film „Das Boot“ zu hören – die Liebe wartet, nicht zuletzt in Kriegszeiten.

Um ganz andere Dinge geht es in einem Song aus den wilden Sixties. „I‘m waiting for the man“, singt Lou Reed, Mitglied von Andy Warhol’s Avantgarde Projekt „Velvet Underground“: Nicht die Liebe zu einem Mann lässt den Sänger warten; er braucht vor allem von ihm den Stoff, Rauschgift, um den Tag zu überstehen. 

Musik und Kino. Als Teenager hat mich der Schlussdialog eines der großen, wenn nicht des Italo-Westerns schlechthin beeindruckt. Auch in ihm geht es ums Warten. Es sind die letzten Worte aus “C’era una volta in West“, im Deutschen eher als „Spiel mir das Lied vom Tod“ bekannt: ein Western, der durchaus die große Geste einer italienischen Oper pflegt. Nach Showdown am Bahnhof, dem Martyrium eines jungen Mannes, des Mundharmonikaspielers, einer süperben Jagd auf einem fahrenden Zug ist schließlich der Böse tot und die Gerechtigkeit wiederhergestellt: Nun könnte auch einem privaten Happyend nichts mehr im Wege stehen. Es scheint zum Greifen nahe, als Claudia Cardinale zu Charles Bronson sagt: „Sweet water wartet auf dich.“ Und damit meint sie sich selbst, die wartet. Doch Charles Bronson bricht auf – mit den Worten „Einer wartet immer.“ Ich wäre wahrscheinlich bei Claudia Cardinale geblieben.

„Einer wartet immer.“ Natürlich wird hier die Haltung des „Lonesome Cowboy“ gepflegt; der Held, der nur in – männlicher − Unabhängigkeit gedeihen kann, nicht aber mit Frau und Farm. Man soll das nicht in die Wirklichkeit unserer Tage übertragen. Doch der Satz „Einer wartet immer“, ist mir zu einer Lebensweisheit geworden – auch abseits von Stiefel, Colt und Mundharmonika. Natürlich kann es auch eine sein, die wartet,
was wartet, wer wartet auf meinem Lebensweg, wer oder was kommt da noch? Ich bin gespannt. Advent heißt Ankunft; Ankunft ist mit Warten verbunden. Ich wünsche Ihnen die Aufgeschlossenheit warten zu können – auch auf neue Menschen in Ihrem Leben.

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