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Die Kostbarkeit des Lebens - Kinder sind eine Gabe Gottes

Die Kostbarkeit des Lebens - Kinder sind eine Gabe Gottes

Dr. Ursula Schoen
Ein Beitrag von Dr. Ursula Schoen, Prodekanin, Evangelisches Stadtdekanat Frankfurt

Am Tag nach meiner Geburt schrieb meine Urgroßmutter an meine Eltern: „Ihr habt mich zu einer sehr glücklichen Urgroßmutter gemacht.“ Die Freude über das bloße Dasein von uns Kindern hat unser Aufwachsen begleitet. Meine Urgroßmutter und Großmutter strahlten sie in einer ganz besonderen Weise aus.

Zwei Weltkriege hat das Leben der beiden Frauen geprägt. Sie haben fast alles verloren, was ihre Vorfahren und sie selbst aufgebaut hatten. Der Bombenkrieg in Mannheim zerstörte, was meine Urgroßmutter besessen hatte. Und meine Großmutter musste mit ihren fünf Kindern im Winter 1944 alleine aus Ostpreußen fliehen.

Nach dem Krieg fingen sie quasi mit Nichts an. Ihr Leben spielte sich in bescheidenen Bahnen ab. Große Pläne konnten sie nicht machen. Sie nahmen uns Kinder als Gabe und Auftrag – als unverhofften Segen, der ihr Leben durchströmte. Bis heute begleite mich dieses Grundgefühl: Wie gut, dass es dich gibt!

In einem Psalm im Alten Testament heißt es: „Siehe, Kinder sind eine Gabe Gottes, und die Leibesfrucht ist ein Geschenk.“ (Psalm 127,3) Wir Kinder waren für unsere Großmutter und Urgroßmutter eine solche Gabe – ein unverdientes Geschenk .Wir verkörperten für sie Neuanfang und Zukunft. Wenn meine Großmutter für uns Pfannekuchen buk, endlos Gesellschaftsspiele spielte oder uns vorlas, wenn wir krank waren, dann fühlte sie sich als Mitarbeiterin Gottes an einer neuen Welt.

Ich bin eine Gabe! Ich bin ein Geschenk, das Freude macht! Diese Kindheitserfahrung begleitet mein Leben. Im Geflecht der Alltagsbeziehungen, in denen wir stehen, an den gesellschaftlichen Rollen, die uns zugewiesen werden, unterwegs auf der Suche nach dem, was wir sind und was wir noch werden können, gerät dies leicht aus dem Blick. Das Gefühl für die Kostbarkeit des eigenen Lebens geht verloren. Es ist wieder aufgeleuchtet, als mir neulich der Brief meiner Urgroßmutter zu meiner Geburt in die Hände fiel. Das Gefühl ist da, wenn ich mir Bilder oder Gegenstände aus meiner Kindheit anschaue.

Seit langem bin ich selbst Mutter. Auch ich erlebe meine Kinder als unverdientes Geschenk: Ihre Fröhlichkeit, ihre Leidenschaft, ihre Neugier und ihre Liebe sind einfach da! Unverdient und beglückend.

„Siehe, Kinder sind eine Gabe Gottes“, steht in dem Psalm. In Gedanken habe ich den Satz etwas abgewandelt: Kinder sind eine Leih-Gabe Gottes. Ich kann sie versorgen und erziehen, begleiten und ermutigen. Ihr Leben wächst aber nicht aus meinen Händen, sondern unter meinen Händen. Sie sind Kinder Gottes, darum steht ihr Leben unter einer Verheißung, die weit über das hinaus geht, was ich ihnen geben kann.

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