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Zeit für klare Kante
picture alliance/dpa | Stefan Sauer

Zeit für klare Kante

Andrea Seeger
Ein Beitrag von Andrea Seeger, Evangelische Theologin
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Anmoderation: Corona-Leugner und Impfgegner werden radikaler. Sie ziehen mit Fackeln vor das Haus von Politikerinnen und Politikern und nennen das Hausbesuch. Sie bezeichnen das Land als faschistischen Staat und wähnen sich im Krieg. Das beschädigt das Fundament der Demokratie - findet Andrea Seeger von der Evangelischen Kirche.

Die Querdenker-Szene radikalisiert sich

In Erbach im Odenwald lässt Bürgermeister Peter Traub eine Bäckerei schließen, weil Corona-Leugner wieder und wieder gegen die Corona-Regeln verstießen. Nun müssen ihn Polizeibeamte schützen. In Wiesbaden kommt es zu einem Brandanschlag auf ein Testzentrum. Am Tatort finden sich Flugblätter aus dem „Querdenken“-Umfeld. Extremismus-Forscher warnen schon länger davor, dass sich „die Szene“ radikalisiert.

Ja, das hat auch zu tun mit vielen Fehlern der Politik in den vergangenen Monaten. Jeder kennt sie. Aber das Jammern darüber hilft nicht weiter, entlastet auch nicht das Gesundheitssystem.

Untätigkeit ist der schlechteste Weg

Und was das Land gar nicht gebrauchen kann, ist Untätigkeit. In einigen Bundesländern setzen sich die Corona-Leugner über geltende Regeln hinweg. Die Polizei stoppt und belangt sie dabei nur selten. Das gibt den radikalisierten Feinden der Demokratie Auftrieb. Sie fühlen sich sicher.

Der Rechtsstaat muss eine klare Kante zeigen

Ich fürchte, dass die Hemmschwelle für derartiges Treiben sinkt. Für den Rechtsstaat kann das nur eines bedeuten: Es braucht eine klare Kante. Zum einen von Polizei und Gerichten. Sie müssen Regelverstöße sofort ahnden. Denn wenn der Staat sich machtlos zeigt gegen die Feinde der Demokratie, werden sie immer gefährlicher.

Zivilcourage ist gefragt

Und das geht uns alle an. Die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann bringt das gut auf den Punkt. Sie sagt: „Gegen die zunehmende Aggression der Corona-Leugner helfen nur klare rechtliche Konsequenzen und Zivilcourage.“

Dieser Mut kostet Überwindung

Zivilcourage heißt wörtlich übersetzt Bürgermut: Mut, gegen Menschenverachtung und Pandemie-Schwurbeleien den Mund aufzumachen. Sich nicht schweigend zu ducken, sondern sich ein Herz zu fassen und laut zu widersprechen. Dieser Mut kostet Überwindung. Aber gerade jetzt ist eine klare Kante in Corona-Fragen wichtig und wertvoll.

Der harte Kern ist mit Worten nicht mehr zu erreichen

Dazu ist jeder aufgerufen. Das beginnt schon im Kleinen: Wenn sich zum Beispiel jemand in meinem Bekanntenkreis als Corona-Leugner outet, halte ich dagegen. Der harte Kern ist mit Worten nicht mehr zu erreichen. Aber vielleicht die vielen Mitläufer. Es ist jeden Versuch wert.

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