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Saatgut Hoffnung
Bild: Pixabay

Saatgut Hoffnung

Dr. Ulf Häbel
Ein Beitrag von Dr. Ulf Häbel, Evangelischer Pfarrer, Laubach-Freienseen

Auf einem meiner Äcker, die ich in meiner Hobbylandwirtschaft betreibe, hatte ich im November Winterweizen gesät. Der war auch gut aufgegangen. Doch dann kamen die Wildschweine und haben Teile des Ackers umgewühlt. Also musste ich nachsäen an den zerwühlten Plätzen. Mit Sommerweizen, der jetzt keimen und wachsen kann und im August Früchte bringen soll.

Gesät habe ich mit der Hand, so wie das die Bauern früher getan haben, bevor es Sämaschinen gab. Ich habe mich dabei an meine Kindheit erinnert. Auf einem benachbarten Bauernhof habe ich oft geholfen und gesehen, wie der Bauer Getreide gesät hat. Manchmal durfte ich das selber tun. Das war dann so ähnlich, wie es Jesus in dem Gleichnis vom Sämann erzählt. In der Bibel im Lukasevangelium, Kapitel acht kann man das nachlesen.

Zur Zeit von Jesus war es wahrscheinlich ein Umhängetuch, in dem der Bauer sein Saatgut hatte. Ich trug eine Blechschüssel vorm Bauch, dem Körper angepasst. Mit jedem Schritt über den Acker warf ich im großen Bogen eine Handvoll Getreidekörner aufs Land, mal rechts, mal links. Dabei flogen manche Körner zu weit, bis auf den Weg neben dem Acker. Die fraßen die Vögel auf. Andere fielen in die Hecke, die am Ackerrain wuchs. Manches fiel auf felsigen Boden; das ging auf, verdorrte aber bald, weil der Nährboden fehlte. Etliches fiel auf gutes Land, erzählt Jesus. Das brachte hundertfach Frucht. (Matthäus 13, 3-9)

So ist das Leben. Man sät aus und hofft, dass es Früchte bringt. Das gilt für den Bauern mit dem Saatgut, das er in die Erde bringt, genauso wie für Eltern, die ihre Kinder erziehen und ihnen Gutes auf den Weg mitgeben wollen. Das gilt für Menschen, die sich für andere einsetzen: Lehrerin oder Flüchtlingshelfer, Krankenpfleger oder Pfarrerin, Rettungssanitäterin oder Politiker. Sie säen aus und hoffen, dass es gut gelingt. Es geht nicht alles auf. Manches fällt daneben, ist vergeblich, sagt Jesus in seinem Gleichnis. Doch es gibt auch die beglückende Erfahrung: Etliches fällt auf gutes Land und bringt viel Frucht. Man sät auf die Hoffnung hin.

Saatgut nennen die Bauern das Getreide, das sie in die Erde bringen. Jedes Korn ist sozusagen ein Hoffnungsträger. Jedes Korn ist vergleichbar mit Fähigkeiten und Begabungen, die wir haben und zum Guten einbringen können. Hoffnung ist nicht so eine vage Sehnsucht – mal sehen, ob was daraus wird. Hoffnung ist eine Kraft, die uns antreibt, ein Motor. So drückt es der Philosoph Ernst Bloch in seinem Lebenswerk „Das Prinzip Hoffnung“ aus; Antriebskraft, Energie. An einer Stelle sagt Bloch: Hoffen ist wie Träumen nach vorwärts.

Wer nach vorwärts träumt, schaut nicht sehnsüchtig zurück. Der Hoffende hat eine Vision, nach der er sich ausstreckt, für die er sich engagiert, die ihn zum Tun treibt. Der Bauer muss das Getreide aussäen, wenn die Ernte gelingen soll. Im Silo bringen die Körner keine Früchte. Wer an die biblische Vision glaubt, dass die Erde das Reich Gottes werden kann, wird dafür etwas tun; er und sie wird die eigenen Fähigkeiten zum Frieden und zur Versöhnung einbringen ins alltägliche Leben. Für mich ist das die Botschaft der Bibel: Diese Welt kann trotz allen Elends zum Reich Gottes werden. Diese Hoffnung treibt mich an. Hoffnung ist das Saatgut der Christen.

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