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Karsamstag - Grabesstille

Karsamstag - Grabesstille

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Heute ist ein stiller Tag. Der Karsamstag ist der Tag der „Grabesruhe“. Heute herrscht – im Sinn der christlichen Tradition – Grabesstille. In diesem Jahr war schon in den letzten Tagen irgendwie „Grabesstille“: auf dem Spielplatz spielt niemand, die Geschäfte sind fast alle geschlossen – das ist eine merkwürdige Ruhe.

Die biblischen Schilderungen der Ereignisse um Jesu Tod nehme ich dieses Jahr neu wahr. Ich kann mir in diesem Jahr viel besser vorstellen, wie es den Jüngern Jesu nach seinem Tod ging: Sie waren geschockt von den Ereignissen und saßen verbarrikadiert in ihren Häusern. Sie hatten Angst, wie es weitergehen soll.

Das habe ich in den vergangenen Wochen so ähnlich erlebt und mit mir viele andere Menschen in Europa. Viele sitzen isoliert in ihren Häusern und fragen sich: "Wie soll es weitergehen?"

Der Karsamstag erinnert jedes Jahr an diese Erfahrung der Jünger. Das althochdeutsche „kara“ bedeutet Klage oder Trauer und bezeichnet so diesen Tag nach Karfreitag, nach der Kreuzigung Jesu, als einen Trauertag.

In diesem Jahr ist es anders. In diesem Jahr hatten wir in den letzten Tagen mehr Stille als sonst. Und für mich als Christin kommt dazu, dass in diesem Jahr die Gottesdienste ausfallen. Auch in der Kirche „Grabesstille“ schon seit Wochen: Ich kann höchstens im stillen Gebet in die Kirche kommen. Es bedrückt mich, allein mit meinem Mann und meiner Tochter diese Tage zu feiern.

Ich denke: Auch für die Menschen, die nicht so sehr in der kirchlichen Tradition verwurzelt sind, ist es ein merkwürdiges Gefühl, Ostern in diesem Jahr anders zu feiern: Familientreffen wurden abgesagt, Oma und Opa dürfen nicht besucht werden, Ostereiersuche im Park kann nur mit Sicherheitsabstand stattfinden.

In den letzten Tagen habe ich gemerkt, wie sehr ich die Gemeinschaft mit anderen Menschen brauche. Ich habe versucht, mich mit ihnen zu verbinden, über Telefon und soziale Medien. Wir haben uns verabredet, zum Beispiel, immer um die gleiche Zeit ein bestimmtes Gebet zu sprechen. Das verbindet, aber es ist nicht dasselbe. Wir sitzen in unseren Häusern und fragen uns: „Wie geht es weiter?“

Und dann… Dann kommt Ostern. Im Unterschied zu den Jüngern Jesu weiß ich, wie die Geschichte weitergeht. Es ist nicht alles aus. Jesus lässt das Grab leer zurück und hat den Tod besiegt.

Daraus kann ich heute meine Hoffnung schöpfen. Ich weiß, „der Tod ist tot, das Leben lebt“, wie es in einem alten Osterlied heißt (Gotteslob Nr. 324). Jesus Christus ist das Licht der Welt, und es wird nicht verlöschen, auch wenn die Dunkelheit außen herum groß ist.

Deshalb werde ich auch heute Abend, wenn es dunkel ist, in unserem Garten ein Feuer anzünden und eine Osterkerze ins Fenster stellen. Diese Kerze erinnert mich und meine Familie daran: Auch wenn wir manchmal Sorgen haben und uns allein fühlen: Jesus Christus ist unser Licht und er will unser Leben hell machen. Und nicht nur unser Leben: Das Leben aller Menschen. Aus dieser Hoffnung leben Christen. In diesem Jahr besonders.

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