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Gendersternchen
Bild: Jäger/Privat

Gendersternchen

Katrin Wienold-Hocke
Ein Beitrag von Katrin Wienold-Hocke, Evangelische Pröpstin, Sprengel Kassel
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Liebe Hörerinnen und Hörer,
oder lieber: verehrte Hörer*innen!
Haben Sie den Unterschied gehört?
Die winzige Stille, das gesprochene Gendersternchen?

Gendersternchen können auch nerven

Ich übe noch, zu meinen Gewohnheiten zählt es noch nicht. Im Gegenteil, ich ärgere mich manchmal, wenn ich so angeredet werde oder es im Gesprächsfluss höre. Das verändert die gewohnte Sprachmelodie, das kurze *Innenhalten. Es nervt mich, als wenn ich nicht sprechen darf, wie mir der Schnabel gewachsen ist, wenn ich mich in meiner Sprache nicht so zu Hause fühlen kann. Ich argwöhne, dass hinter diesem Nichtlaut der Anspruch steht: nur so kann es gehen, gewöhn dich besser dran und mach es genauso.

Ich fühle mich angegriffen, obwohl ich mich doch angesprochen fühlen könnte.

Gendersternchen sind aber auch eine gute Anregung

Aber dann wieder höre ich es als gute Anregung: halt, nicht so schnell weiter, da war doch etwas. Vor allem: da war doch noch jemand. Wenn du zu und vor allem von Menschen redest, tu es nicht ununterbrochen. Gönn dir die kleine Pause, dich umzuschauen und zu prüfen- ist da noch wer? In diesem Raum, den das Sternchen freihält zwischen Männern und Frauen. Weil es Menschen gibt, die ihre Identität genau da ansiedeln würden, Frau passt nicht richtig, Mann auch nicht. Auch in anderen Zusammenhängen passiert das doch schnell, dass ich mit meinen Worten übergehe, was nicht in die Begriffsschubladen passt.

Unterbrich dich und deine Gewohnheiten mal

Ich möchte mir diese Anregung zu Herzen nehmen: Unterbrich dich und deine Gewohnheiten hin und wieder. Es ist zwar eine unbequeme Übung. Sie kann aber überraschende und erfreuliche Folgen haben.
Einmal stehenbleiben, kurz innehalten – dann kann ich links und rechts vom Weg und neben den üblichen Blickwinkel schauen: Was gibt es da noch? Wer gehört zu meinem Leben, den ich selten wahrnehme? Was blüht um mich herum und was meldet sich in meinem Innern, das ich sonst zum Schweigen bringe oder übergehe?

Eine schöpferische Pause tut gut

Eine Pause hin und wieder tut gut. Weil sie die bunte Vielfalt der Schöpfung vor Augen führt, Menschenkinder, Laute und Stille, und noch viel mehr Leben um mich herum. Ich erlebe: Innehalten ermöglicht neue Einsichten und bringt mich auf neue Ideen. Eine schöpferische Pause tut gut und trägt ihren Namen zu Recht.
Immer wieder mal tief Luft holen, nicht nur am Sabbat oder Sonntag. Hinschauen und Hinhören. So will ich das gesprochene Sternchen auffassen. Als eine kleine Übung. Ich wünsche Ihnen einen blühenden, vielfältigen Alltag mit kleinen Pausen, liebe Hörer*innen!

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