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Die Nacht ist vorgedrungen
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Die Nacht ist vorgedrungen

Thomas Drumm
Ein Beitrag von Thomas Drumm, Evangelischer Pfarrer, Leiter der Akademiker-SMD, Marburg

Jetzt im Winter sehne ich mich besonders nach Licht. Wenn ich am Morgen das Haus verlasse, ist es noch dunkel. Und um vier am Nachmittag geht die Sonne schon wieder unter. Kein Wunder, dass Licht in der Adventszeit so eine große Rolle spielt. Auch in den Advents- und Weihnachtsliedern.

Es gibt ein Weihnachtslied, das mag ich besonders. Jochen Klepper hat es geschrieben, einer der großen deutschen Schriftsteller und Dichter im letzten Jahrhundert. Er starb heute vor 75 Jahren. Sein Weihnachtslied heißt: „Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern.“

Die Nacht – das war das große Lebensthema von Jochen Klepper. Er wusste, was es bedeutet, Nächte durchzuwachen, nicht schlafen zu können. Die Nacht – sie ist nicht nur schrecklich dunkel. Sie kann auch entsetzlich lang werden.

Im Dritten Reich erfährt Jochen Klepper die Nacht noch auf ganz andere Weise: Die Nationalsozialisten bedrohen ihn und seine Familie, weil er mit einer jüdischen Frau verheiratet ist. Er soll sich von ihr scheiden lassen. Aber das kommt für Klepper nicht in Frage. Dafür nimmt er Nachteile, Leiden und schließlich den Tod in Kauf. Ich frage mich: Wie kann ein Mensch, dem so viel Unrecht angetan wird, trotzdem an Gott glauben und sogar andere mit seinen Liedern trösten?

Jochen Klepper hätte vielleicht geantwortet: Ich trage Hoffnung in mir, weil es Weihnachten geworden ist. Gott ist gekommen – zu uns, in die Nacht der Welt. Und auch in mein Dunkel kommt Gott mit seinem Licht und macht es hell. Gott ist da – nicht nur an den Sonnentagen. Auch in dunklen Stunden ist er an meiner Seite und wird zum Gefährten meiner Nacht.

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