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Die Farbe Grün weckt die Lebenskraft
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Die Farbe Grün weckt die Lebenskraft

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel
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Den Anfang macht die Farbe Grün. Wenn sich die Kälte zurückzieht, wenn der Boden wieder offen ist – dann sehe ich die ersten grünen Spitzen. Ja, der Frühling kommt und mit ihm das erste Grün. Nun wachsen die Pflanzen wieder.
Deswegen sage ich zu einem Jugendlichen, der mir noch recht unerwachsen vorkommt: „Der ist ja noch ganz grün hinter den Ohren.“ Oder: „Das ist eben noch ein Grünschnabel.“ Ein wenig spöttisch klingt das, ist aber nett gemeint. Als junger Mensch habe ich eben noch nicht so viele Erfahrungen sammeln können. Mit dem Sprichwort verbinde ich die Erwartung: Der junge Mann wird sich entwickeln. Er braucht nur noch ein wenig Zeit dafür. Vor allem braucht er ein Gegenüber, das selber erwachsen geworden ist und dem jungen Menschen etwas zutraut. Wer sich ausprobieren möchte, dem hilft ein verläßliches Gegenüber. 

Die Farbe Grün steht für alles Neue, für das, was noch wachsen will und kommen wird. Sie ist deswegen auch die Farbe der Hoffnung. Im Mittelalter wurde das Kreuz Jesu oftmals grün gemalt, zum Zeichen dafür, dass Leid und Schmerz neues Leben hervorbringen kann.
Vier Wochen vor Ostern habe ich mit anderen Christen Weizenkörner in die Form eines Kreuzes gelegt. Am Ende des Gottesdienstes sind wir nach vorn gegangen. Im Chorraum lag auf dem Boden eine Kreuzform, in die wir die Körner gesät haben - zusammen mit unseren Bitten und unserem Dank. Dabei ist eine ganz dichte Stimmung entstanden. Jeder und jede war ernsthaft und innerlich beteiligt bei der Sache. Sorgfältig haben wir gearbeitet, denn jedes Korn sollte genug Platz haben, um vor Gott wachsen zu können. Jede Bitte, jeder Dank sollte sich in seinem Namen entwickeln können.
Und dann - wie wunderbar: Die Saat geht auf. Ein paar Tage hat es noch Zeit, um sich zu entwickeln. Ostern ist es dann wie verwandelt. Neues Leben wächst, das Kreuz schimmert hellgrün.
Dieser Brauch geht auf Hildegard von Bingen zurück. Sie hat von der Grünkraft Gottes gesprochen. Für die Ärztin und Äbtissin war Grün deswegen eine heilige Farbe. Sie sagt: „Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit und diese Kraft ist Grün.“ Grün ist die Kraft, die Neues gedeihen läßt. Die Kraft zum Gedeihen ist von Gott gezeugt. Er begleitet mich zuverlässig auf meinem Lebensweg – und das nicht nur im Frühjahr.
Grün ist die Farbe des Lebens. Sie beruhigt mich und stimmt mich zuversichtlich. Sie gleicht mich aus und schenkt mir frohen Mut. Gott weidet mich auf einer grünen Aue. Er gibt mir den Willen, immer wieder neu zu beginnen und schafft die Kraft zum Guten – auch für diesen Tag.

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