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Auf Augenhöhe kommen
Bildquelle: pixabay

Auf Augenhöhe kommen

Heidrun Dörken
Ein Beitrag von Heidrun Dörken, Evangelische Pfarrerin, Senderbeauftragte für den Hessischen Rundfunk

Jesus von Nazareth hat offenbar gewusst, was dazu gehört, wenn man sich wirklich begegnen und miteinander weiterkommen will: Zuerst mal Augenhöhe herstellen. Jesus hat das ganz praktisch gemacht. Einen, der unten auf dem Boden saß, hat er auf die Füße gestellt. Ein anderes Mal hat er jemand buchstäblich von oben herunter geholt. Dieser Mann hatte sich auf einen Baum geflüchtet, weil er Angst hatte vor direkten Begegnungen. Aber erst auf Augenhöhe kann man sich ins Gesicht schauen, miteinander reden und vielleicht weiterkommen. Solange man nur übereinander redet oder aneinander vorbei, kommt man nicht voran.

Das kenn’ ich aus dem persönlichen Leben. Wenn ich das Gefühl habe, mein Gesprächspartner belehrt mich von oben herab und findet sich sowieso klüger und besser, mache ich dicht. Genauso, wenn jemand sich bewusst kleiner macht, als er ist, um keine Verantwortung zu übernehmen.

Solche Erfahrungen kann man auf die Politik übertragen. Das heißt: Gerade jetzt nicht aufgeben, was mit der Türkei verbindet. Im Fall der Partnerschaft von Hessen mit Bursa also jetzt den zweiten Besuchs-Versuch machen. Im letzten September waren die Hessen nicht gefahren, nachdem die türkische Seite wichtige Gespräche abgesagt hatte. Falls der Besuch jetzt klappt, wird er trotzdem schwierig. Der Gouverneur von Bursa, der die türkisch-hessische Partnerschaft begonnen hatte, sitzt seit dem Putschversuch im Gefängnis. Der Journalist Deniz Yüzel aus Flörsheim ist wegen fadenscheiniger Terrorismus-Beschuldigungen auch inhaftiert. All das soll die hessische Delegation ansprechen und will das tun.

Sich ehrlich begegnen, heißt gerade nicht, nur Nettigkeiten auszutauschen. Auch das kennt man aus persönlichen Beziehungen: Wenn jemand offen ist und sich mir zuwendet, kann ich gut hören, was er mir zu sagen hat. Ich wäre sehr froh, wenn das jetzt beim Besuch an ein paar Stellen gelingt. Wo immer es geht, müssen wir wegkommen von den Fronten, hin zu Begegnungen.

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