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Alles eine Frage der Perspektive
Bild: tumisu_pixabay

Alles eine Frage der Perspektive

Verena Maria Kitz
Ein Beitrag von Verena Maria Kitz, Katholische Pastoralreferentin in St. Michael, Zentrum für Trauerseelsorge, Frankfurt
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In einem Kurs habe ich eine verblüffende Übung mitgemacht: Wir wurden aufgefordert, einen Arm senkrecht nach oben in die Luft zu strecken. Und dann mit ausgestrecktem Zeigefinger einen großen Kreis in die Luft zu zeichnen, im Uhrzeigersinn. Wenn Sie Lust haben, probieren Sie es mal aus, keine Angst, nichts Kompliziertes. Also, Arm senkrecht nach oben strecken, und einige Kreise im Uhrzeigersinn in die Luft zeichnen. Dann den gestreckten Arm langsam bis in Bauchhöhe senken, der Zeigefinger bleibt Richtung Decke gestreckt und weiter Kreise zeichnen. Mit sehr großem Erstaunen haben wir festgestellt: Jetzt dreht sich der Zeigefinger ja gegen den Uhrzeigersinn!

Erst von unten, dann von oben

Derselbe Vorgang sieht je nach Perspektive ganz verschieden aus. Dabei habe ich doch die Dreh-Richtung meines Fingers gar nicht geändert! Aber ich habe eben erst von unten und dann von oben auf meinen drehenden Finger geschaut. Ob etwas so oder so ist, ist also zumindest auch eine Frage der Perspektive!

Einfach mal die Perspektive wechseln

Ein ganz einfaches Experiment, aber ich finde, es macht einiges klar. Ich habe an eine Situation denken müssen, als ich neulich dringend zu einem Termin musste und mit dem Auto wütend im Stau stand. Auf der breiten Straße Richtung Innenstadt gibt es nämlich für die Autos nur noch eine Spur statt der früheren zwei Spuren. Dafür prangt da jetzt ein breiter, rot markierter Fahrradstreifen. Ein paar Tage später bin ich mit großer Freude und innerer Genugtuung mit meinem Fahrrad auf eben diesem Fahrradstreifen Richtung Innenstadt gefahren. Und habe sehr mitleidig auf die Autos geschaut, die da neben mir im Stau standen. Alles eine Frage der Perspektive.

Vor Debatten mal die Blickrichtung der anderen einnehmen

Diese ganz schlichte Übung mit dem Kreiszeichnen, von der ich am Anfang erzählt habe, die würde ich vor jeder Debatte in der Politik empfehlen oder vor jedem Familienrat. Sie zeigt ganz ohne Worte: Es gibt halt verschiedene Perspektiven, aus denen Menschen in die Welt schauen. Und es hilft, gelegentlich auch mal eine andere einzunehmen. Denn „ich habe recht“ – das ist zumindest oftmals auch eine Frage der Perspektive.

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