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Allein unter Ariern

Allein unter Ariern

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim

Die Journalistin Mo Asumang traute ihren Ohren nicht. Jemand hatte ihr von einem Song einer Nazi-Band erzählt, da käme sie drin vor. Und so hörte sich die Journalistin die CD an. Der Sänger brüllte tatsächlich: „Diese Kugel ist für dich, Mo Asumang”. Kein Zweifel: Das war eine Morddrohung. Sie war zur Zielscheibe des rechten Hasses geworden. Ihr Vater ist aus Ghana, sie ist dunkelhäutig. Sie war wie gelähmt. Die Angst kroch in ihr hoch und nahm sie in Beschlag. Sie fühlte sich ausgeliefert. Was konnte sie jetzt tun? Sich verstecken? Nicht mehr in der Öffentlichkeit auftreten? Untertauchen? Das wollte sie nicht. Wollte nicht kapitulieren vor dieser feigen Drohung.

Auch in der Bibel schildern Menschen Erfahrungen mit einer Angst, die das Leben bestimmt. Im Neuen Testament ermutigt ein gläubiger Mensch sich selbst und die anderen, indem er schreibt: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Timotheus 1,7) Mo Asumang wollte ihr Leben nicht von der Angst bestimmen lassen. Sie entschied: „Ich will mich aufmachen und Nazis kennen lernen. Ihnen Fragen stellen. Will herausfinden, woher ihr Hass kommt, ohne jedoch selbst Hass zu empfinden.“

Mutig und besonnen sucht sie die Konfrontation mit rechten Hasspredigern und Mitläufern. Sie begibt sich in die Höhle des Löwen, tief in den braunen Sumpf: Verabredet sich sogar mit Mitgliedern des amerikanischen Ku-Klux-Klan, um mitten in der Nacht in einem abgelegenen Waldstück über Rassismus zu diskutieren. Die meisten Menschen würden solchen Leuten lieber nicht im Dunkeln begegnen, geschweige denn die Konfrontation mit ihnen suchen. Mo Asumang aber hat genau das getan –als eine schwarze Frau, die am eigenen Leib rechte Gewalt erlebt hat. Diese Erfahrungen schildert sie in ihrem Buch „Mo und die Arier.“

Für viele der Rechtsextremen war es die erste intensivere Begegnung mit einem dunkelhäutigen Menschen. Mo Asumang fand ihr eigenes Mittel gegen die Nazis: „Das In-die-Augen schauen und der direkte Kontakt.” Sie hat erfahren: Diese sind damit überfordert: Ob beim Rechtsrock-Konzert der NPD in Thüringen oder im Gespräch mit rechten Rockern – die Rechtsradikalen wissen nicht, wie sie mit Mo Asumangs Fragen umgehen sollen. Dazu zählt auch der rechte Gewalttäter Marek, den sie im Gefängnis besucht. Er schafft es nicht, ihr in die Augen zu schauen. Er sagt zu ihr, Deutschland müsse frei sein von dunkelhäutigen Menschen. Sie solle besser zurückgehen. Sie fragt ihn „Wohin soll ich zurück? Ich bin in Kassel geboren und aufgewachsen.“

Ich lerne von Mo Asumang, es auch zu versuchen: Dem mutig entgegenzutreten, was mir die Freude am Leben nehmen will und das Selbstbewusstsein rauben. Wie ich Angst überwinden und mich zur Wehr setzen kann. Dazu braucht es den Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit. Sie schreibt: „Nennt es Fremdenfeindlichkeit oder Mobbing. Der Kreislauf der Gewalt kann unterbrochen werden. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, nicht gegen etwas zu kämpfen, sondern seine ganze Kraft dafür zu verwenden, die eigene Menschlichkeit zu erhalten. Mit all seiner Wärme man selbst zu bleiben, egal, vor wem man steht.“

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