Was wir alleine nicht schaffen…

Etwa hundert Boote liegen auf der Wiese am Flussufer. „Ihr habt heute ideale Bedingungen“, erklärt die Frau vom Kanuverleih gerade. „Der Wasserstand ist gut, aber an manchen Ecken müsst ihr auf die Stromschnellen aufpassen. Wenn ihr kentert, ruhig bleiben und das Boot ans Ufer ziehen und rumdrehen.“

Mir ist etwas mulmig. Kaum sind wir um die erste Ecke gebogen, geht es auch schon los. Reihenweise kentern vor uns die Boote. Bevor wir auch nur daran denken können gegenzusteuern, hat der Sog auch unser Boot erfasst und schmeißt uns mit einem heftigen Ruck ins Wasser. Das Boot treibt auf dem Kopf. Gott sei Dank ist das Wasser nicht tief, aber es hat eine solche Kraft, dass wir zu zweit das Boot kaum halten können. Krampfhaft versuche ich, gleichzeitig das Paddel und einen meiner Schuhe festzuhalten, als der Druck mit einem Mal nachlässt. Drei paar Hände halten neben mir das Boot und ziehen es bis ans Ufer, wo wir es gemeinsam umdrehen. Gott sei Dank, dass Hilfe da war, und es ist nicht bei diesem einen Mal geblieben. Mal wurden vorbeitreibende Paddel gerettet, mal beim Schleppen der Boote geholfen. Einer trage des anderen Last (Gal 6,2), dieses Bibelwort kam mir mehr als einmal in den Sinn. Wer zu welcher Gruppe gehört, war auf einmal vollkommen egal. Allein war gegen die Tücken des Flusses nicht anzukommen, das hat an diesem Tag glaube ich jeder gespürt.

Im Alltag vergesse ich das manchmal. Da möchte ich gern alles allein schaffen, keine Schwäche zeigen, eben belastbar sein. Manchmal habe ich dann so viel mit mir selbst zu tun, dass ich ganz vergesse, auch mal nach anderen zu sehen. Dabei ist es so einfach. Einer trage des anderen Last - das ist auf beiden Seiten ein gutes Gefühl: Wie froh war ich, als mir das schwere Kanu abgenommen wurde. Und wie gut hat es sich angefühlt, als ich bei einem anderen mitanpacken konnte. Dieses Gefühl werde ich nicht so schnell vergessen.