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Streit ja, Hass nein!
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Streit ja, Hass nein!

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt
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Sie kennen sich schon aus der Grundschule. Heinz und Walter.
Beide lieben ihre Heimat in der Wetterau. Beide haben sich für die Natur und die Menschen dort engagiert, in der Politik und in der evangelischen Kirche. Vor kurzem haben sie sich bei ihrem Spaziergang auf einer Obstwiese auf dem Hügel getroffen. Klar, da bleiben sie stehen und unterhalten sich:

Wie wird die Apfelernte, wie geht es Frau und Kindern, was macht das Herz?
„Findest Du das nicht auch furchtbar“, fragt Walter und zeigt hinunter ins Tal. Seit er denken kann, waren da Wiesen, Obstbäume und fruchtbares Ackerland. Heinz schaut auch hinunter. Dort steht jetzt die große Halle im neuen Gewerbegebiet. Wie Spielzeuge sehen die Bagger aus, Kräne und Lastwagen neben der großen Halle.

„Nein“, sagt Heinz entschlossen, „das ist nicht furchtbar. Das hat uns viel Mühe gekostet. Daher kommen die Steuereinnahmen, mit denen wir die Kindergärten bezahlen. Walter sagt: „Aber der Boden ist doch ein für alle Mal zugebaut! Aber Heinz meint: „Walter, wenn wir hier kein Gewerbe ansiedeln, bleibt die Region so strukturschwach wie eh und je.“

Da stehen sie, die beiden Schulkammeraden. Hilflos schauen sie auf dieselbe große Halle und spüren: Hier ist jetzt nichts mehr zu diskutieren. Wir werden uns nicht einig.

Vielleicht ist ihr Streit nicht eskaliert, weil sie eine christliche Einsicht gemeinsam haben: Es ist gut zu unterscheiden zwischen dem was jemand tut und dem, was jemand ist. Was jemand tut, das kann man schlecht finden, aber die Person selbst muss man dafür nicht hassen, denn sie ist ein Ebenbild Gottes, wie ich selbst. Psychologen erklären: Wo Hass entsteht, fehlt es an Einfühlungsvermögen. Hass scheint die einfachste Lösung zu sein und entlädt sich schnell in Gewalt.

Bei einer Diskussionsveranstaltung zum neuen Gewerbegebiet haben sich Heinz und Walter dann wiedergesehen. Gleich zu Beginn hat Walter seinen ganzen Mut zusammengenommen und allen, die sich um Saal drängelten, von seiner Begegnung mit Heinz auf der Obstwiese erzählt. Am Ende hat er ins Mikrofon gesagt:

„Lasst uns miteinander streiten, aber bitte ohne Hass“.

Das hat geholfen. Heinz und Walter haben den Hass vermieden, sie reden weiter miteinander und die Menschen rund um das neue Gewerbegebiet auch.

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