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Richtig trauern?
Bild: engin akyurt_pixabay

Richtig trauern?

Verena Maria Kitz
Ein Beitrag von Verena Maria Kitz, Katholische Pastoralreferentin in St. Michael, Zentrum für Trauerseelsorge, Frankfurt
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Ich habe mich dieser Tage mit einer Freundin getroffen – ihre Mutter ist Anfang des Jahres verstorben, mit fast 90 Jahren. Friedlich zuhause eingeschlafen, meine Freundin war dabei, also alles gut, wie man so sagt.

Doch nicht alles gut

Aber für meine Freundin ist eben nicht alles gut. Sie erzählt: Auch wenn sie glaubt, dass ihre Mutter jetzt bei Gott ist: Sie ist trotzdem oft so traurig. „Manchmal sitze ich da und weine wie ein kleines Kind“, hat sie zu mir gesagt. Aber inzwischen hat sie das Gefühl, anderen damit ganz schön auf die Nerven zu gehen. Es muss doch jetzt mal gut sein mit der Trauer, meinten die anderen, sie könne schließlich dankbar sein für die lange Zeit mit ihrer Mutter.  

Mach ich was falsch?

Im Gespräch haben wir gemerkt: Meine Freundin hat selber das Gefühl, sie müsste langsam durch sein mit ihrer Trauer. Sie sagt: Sie hat mal etwas gelernt über Trauerphasen. Nach ein paar Monaten würde man dann den Tod akzeptieren. Aber das geht eben nicht so einfach, sagt sie. Sie hat das Gefühl: Sie macht ja wohl etwas falsch in ihrer Trauer.

Es gibt nur den eigenen Weg

Mich hat das sehr bewegt, denn Trauer, das hat inzwischen auch die Wissenschaft festgestellt, ist eben kein geradliniger Vorgang, in dem Phasen logisch aufeinander folgen. Trauer ist nicht logisch und auch nicht planbar. Trauer schleudert Menschen ganz unberechenbar durch alle möglichen Gefühle: Da ist abgrundtiefe Verzweiflung, und dann sind da auch Momente von Dankbarkeit, sogar Heiterkeit. Ich habe versucht, das meiner Freundin zu sagen: Es gibt kein richtig oder falsch in der Trauer, es gibt nur den eigenen Weg. Das habe ich von vielen Menschen und ihrer Trauer gelernt.

Trau deiner Hoffnung

Und ich habe versucht, meine Freundin zu bestärken: Sie darf ihrer Hoffnung trauen, dass ihre Mutter gut aufgehoben ist. Und sie selber kann trauern, wie es ihr zumute ist. Und mit der Zeit hoffentlich entdecken, dass ihre Mutter einen neuen Platz gefunden hat in ihrem Leben. Auch von dieser Erfahrung haben mir Trauernde erzählt. Das finde ich, bei aller Unberechenbarkeit, eine tröstliche Aussicht.   

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