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Neues Leben spüren

Neues Leben spüren

Gudrun Olschewski
Ein Beitrag von Gudrun Olschewski, Evangelische Pfarrerin, Pfungstadt

Neues Leben kann auch so beginnen wie bei Monika: Voller Sehnsucht steht sie am Fenster, die Walkingstöcke stehen schon neben ihr. Es hört einfach nicht auf zu regnen. Doch heute will sie es wagen. Das hat sie sich fest vorgenommen. Die Zeit ist reif dafür. Seit Langem freut sie sich auf diesen einen Moment, hat dafür geübt und daraufhin trainiert. Ein Satz, den ihre Mutter ihr als Kind immer wieder sagte, war Monika dabei nicht mehr aus dem Kopf gegangen: „Drum so lass dir nimmer grauen, lerne deinem Gott vertrauen, sei getrost und guten Muts“.

Zum Grauen waren die vergangenen Monate wirklich. Ein komplizierter Bruch am linken Bein. Der ersten Operation folgte eine zweite, dann die Reha und viele Stunden Physiotherapie. Wochenlang war Monikas Stimmung wie das Wetter düster, grau in grau. Sie vermisste ihre tägliche Runde durch den Wald, das Schwätzchen mit der Frau vom Gemüsestand auf dem Markt, und inzwischen sogar die ihr sonst lästige Pflicht, am Samstagnachmittag die Straße zu kehren.

Monika war viel zugemutet worden. Aber sie hatte sich nicht unterkriegen lassen, trotz mancher Rückschläge. Jetzt kann Monika nichts mehr von ihrem Vorhaben abhalten. Weder Wind noch Regen. Alles steht griffbereit. Es gibt jetzt kein Halten mehr. Monika steht auf. Schlüpft in die Schuhe, zieht den knielangen Regenmantel über und setzt ihren Regenhut auf den Kopf. Zum Schluss nimmt sie die Walkingstöcke in die Hand und schon steht sie draußen vor der Tür.

Eine Windböe pfeift um die Ecke. Monika zögert kurz. „Drum so lass dir nimmer grauen, lerne deinem Gott vertrauen, sei getrost und guten Muts“, der Satz klingt ihr wieder in den Ohren. Monika marschiert los, die Stöcke fest umklammert. Endlich: Sie spürt, wie das Leben wieder neu beginnt. Und mit jedem Schritt wächst die Freude in ihr.

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