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Gute Aussicht(en)
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Gute Aussicht(en)

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Eine gute Aussicht war ihm immer wichtig, dem Mann, den ich erst in der zweiten Hälfte seines Lebens kennengelernt habe. Wenn „Zimmer mit Aussicht“ an einem Gasthaus stand, war das für ihn ein Grund dort anzuhalten. Durch sein Fenster in die weite Landschaft zu schauen, das hat ihn magisch angezogen. An Aussichtspunkten auf dem Weg ist er gerne stehengeblieben und manchmal ist er sogar zu einem Berggipfel hinaufgestiegen, nur wegen der überwältigenden Aussicht.

Bei einer Schiffsreise hat er gerne etwas für eine Balkonkabine draufgelegt. Statt beengt im Dunkeln zu sitzen, wollte er die Zeit mit einer guten Aussicht aufs Meer so richtig genießen. Dann ist sein Blick in die Ferne gegangen; sein Atem wurde ruhig und weit, er selbst dankbar und zufrieden.

Gute Aussichten sind wertvoll. Man kann sehen, was einen so erwartet, ob sich da Gewitterwolken auftürmen am Horizont, oder ob da nur ein paar harmlose Schäfchenwolken den blauen Himmel verzieren. „Mit einer guten Aussicht weiß ich, was mich erwartet“, hat er gesagt „und dann kann ich meinen Tag danach einrichten.“

Lange Zeit hat das auch für sein Leben gestimmt, bis mit dem Alter auch die Dinge kamen, die man nicht kommen sehen kann und mag. Allmählich wurden die Wege zu den Berggipfeln zu steil, die Schiffe selbst auf ruhigen Flüssen unerreichbar. Noch bei seinem Platz am Tisch im Pflegeheim hat er sehr darauf geachtet, dass man von dort aus eine möglichst gute Aussicht hatte.

Bei seiner Trauerfeier habe ich für ihn aus dem Neuen Testament von den guten Aussichten gelesen, die Gott am Horizont des Lebens verspricht: „Und ich sah einen neuen Himmel und einer neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen und das Meer ist nicht mehr. … Siehe, ich mache alles neu.“ (aus Off 21,1-6)

Ich hab mir vorgenommen: Die guten Aussichten, die Gott verspricht, auch für das Ende des Lebens, die sollen meinen Blick schon jetzt möglichst oft weit machen, meinen Atem ruhig und mich selbst zufrieden und dankbar.

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