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Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
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Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Jens Haupt
Ein Beitrag von Jens Haupt, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel

Es ist Freitag. Vor dem Wochenende liegt noch eine Menge Arbeit. Etliches ist in der Woche liegengeblieben und sollte schon längst fertig sein. Manchmal muss ich mir das freie Wochenende erst hart erarbeiten. Oder verdienen. Merkwürdig, dass ich das manchmal so empfinde: Ich muss mir freie Zeit verdienen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Habe ich mir oft genug angehört und es auch oft genug selbst so daher gesagt. Natürlich sind Arbeitszeiten geregelt genauso wie der Anspruch auf freie Zeiten festgelegt ist. Dabei habe ich es noch gut getroffen: Ich kann freie Zeiten absprechen und für Vertretung sorgen, wenn ich das rechtzeitig plane. Und trotzdem ist es „die Arbeit“, die mich dazu verleitet, mir freie Zeit selbst wegzunehmen. Klar, es ist ein gutes Gefühl, eine Arbeit abgeschlossen und erledigt zu haben. Das schafft Erleichterung. Und gleichzeitig neue Aufgaben und Notwendigkeiten. Wie werde ich es heute, am Freitag, schaffen? Darf etwas für Montag liegen bleiben? Oder nehme ich noch was mit nach Hause, um es mal eben nebenbei zu lesen oder zu bearbeiten? Freie Zeit ist geschenkte Zeit, sagt man. Wer schenkt mir die eigentlich? Ich mir selbst? Geschenke muss ich nicht verdienen, die bekomme ich so. Das Wochenende mit dem Sonntag ist so ein Geschenk. Ich weiß ja, dass ich den Unterschied von Arbeit und Ruhen brauche. Und ich weiß auch, dass Juden, Christen und Muslime und viele andere religiöse Menschen auf das Geschenk der freien Zeit sehr behutsam achten. Alle auf ihre eigene Weise. Na bitte, dann bleiben die Unterlagen an diesem Wochenende im Büro, dann geht die Mail erst am Montag raus und ich lasse mein Handy aus. Die freie Zeit meint es gut mit mir. Mal sehen, wie ich es schaffe dies Geschenk  anzunehmen.

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