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Wochenendruhe

Wochenendruhe

Gabriele Heppe-Knoche
Ein Beitrag von Gabriele Heppe-Knoche, Evangelische Pfarrerin, Kassel

Es ist Samstag. Ich wache zur gewohnten Zeit auf. Nach nur wenigen Minuten spüre ich, dass es anders ist als sonst in der Woche. Es ist ruhig draußen. Die Geräusche, die ich mit dem Morgen verbinde, sind verstummt. An Werktagen höre ich immer kurz nach dem Wecker die Autotüren der Nachbarn, die viel früher als ich zur Arbeit aufbrechen müssen. Überhaupt höre ich mehr Autos, die durch die Straße fahren. Und später dann die Stimmen der Kinder auf dem Schulweg, Lachen und Reden und manchmal auch lautes Rufen. Ab und zu Geräusche von der Bahn, die in einiger Entfernung vorbeifährt. Heute ist es still. Und morgen, am Sonntag, ist es noch stiller. Himmlische Ruhe.

ch genieße diese morgendliche Stille am Wochenende. Manchmal, wenn ich sonntags auf dem Weg zum Gottesdienst bin, denke ich an die Menschen, die an sehr befahrenen Verkehrsstraßen wohnen. Nur am Wochenende können sie bei offenem Fenster schlafen oder im Sommer bei offenem Fenster frühstücken. An anderen Tagen gehen ihre Gespräche im Lärm der Autos unter.

Unsere amerikanische Austauschschülerin, die ein Jahr bei uns gelebt hat, konnte das anfangs gar nicht begreifen. Warum kann man am Sonntag keine Sachen mehr kaufen, die man montags für die Schule braucht? Warum kann ich nicht in Ruhe zum Friseur gehen? Für sie kommt am Wochenende das Leben in Deutschland fast zum Erliegen. Ja, da unterscheiden wir uns von vielen anderen Ländern.

Mir bedeutet das viel. Besonders eben diese Ruhe, die dann einkehrt. Und zwar nicht nur bei mir, sondern überall in der Stadt. Die Stadt kommt zur Ruhe, atmet auf, es geht vieles entspannter. Es ist Zeit für Spaziergänge, allein oder mit der Familie. Zeit für einen Kinobesuch. Für manche gehört auch ein Gottesdienst mit dazu. Eintauchen in die Stille des Sonntagmorgens und die Gedanken und das Herz neu ausrichten.

Es wird zur Zeit viel von christlichen Werten gesprochen, die unser Alltagsleben in Deutschland prägen. Werte, die man den Menschen aus anderen Kulturen und Religionen vermitteln müsse, damit sie hier mit uns zusammenleben können. Die Sonntagsruhe gehört dazu, auch wenn viele das nicht mehr wissen. Eins der 10 Gebote lautet sogar: Du sollst den Sonntag heiligen. Es tut gut, die tägliche Arbeit zu unterbrechen-, sich auszuruhen und Abstand zu gewinnen zum Alltag, sich zu besinnen und dankbar zu sein für unser Leben hier. Dazu bietet der Samstagmorgen Gelegenheit, schon wenn ich noch wach im Bett liege oder in aller Ruhe beim Kaffee sitze.

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