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Ruhig mal aufregen - und dann Neues wagen!
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Ruhig mal aufregen - und dann Neues wagen!

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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In der Liste der kuriosesten Gedenktage aus aller Welt findet sich für den 9. März, also für heute, der sogenannte Get-over-it-day aus den USA, zu deutsch der „Komm-drüber-weg-“ oder „Find-dich-damit-ab-Tag“. Bei der Erfindung dieses kleinen Gedenktages ging es wohl darum, Liebeskummer, Frust und die Erinnerung an Misserfolge hinter sich zu lassen und diesen Ballast aus der Vergangenheit abzuwerfen.

Ich darf, will und soll mich aufregen

Als ich das erste Mal vom „Find-dich-damit-ab-Tag“ gehört habe, da dachte ich sofort an eine Postkarte, die eine Weile auf meinem Schreibtisch stand. Erstmal fand ich die Karte ziemlich cool: „Bevor isch misch uffresch, isses mer liewer egal! “ stand da auf hessisch drauf. Bevor ich mich aufrege, ist es mir lieber egal. Und klar, das ist witzig und war augenzwinkernd gemeint – aber nach kurzer Zeit habe ich die Karte wieder weggeräumt. Das Motto hat mir doch nicht so gefallen. Ich fand es ein bisschen einfach gestrickt, ja und sogar ein bisschen gefährlich.

Ungerechtigkeit und Leid ist mir nicht egal

Denn eigentlich möchte ich gegenüber dem, was mich wirklich aufregt, nicht gleichgültig werden. Auch wenn es bequemer ist, und ich damit Wut, das Gefühl von Hilflosigkeit oder hohen Blutdruck vermeiden könnte. Aber: Wenn ich Ungerechtigkeit, Gemeinheit und Leid sehe, dann soll mich das bitte nicht kalt und gleichgültig lassen!

Nein, es ist nicht fair, dass an den europäischen Außengrenzen traumatisierte Menschen ohne Heizung in dünnen Zelten ausharren müssen und sogar Kinder sich den Tod wünschen. Nein, es ist nicht in Ordnung, dass Regierungen das Corona-Virus herunterspielen und das Leben ihres Volkes damit gefährden. Nein, es ist nicht gerecht, dass in der Pandemie-Zeit viele um ihre Existenz fürchten und andere dabei reicher und reicher werden.

Woher nehme ich dem Mut, Stellung zu beziehen?

Ich mag eigentlich keine Konflikte und ich muss zugeben: Ich habe nicht immer den Mut, Stellung zu beziehen und mich einzumischen. Und klar: Meine Möglichkeiten sind begrenzt. Geschenkt.

Aber: Gefühle wie Wut, Empörung und Enttäuschung, also die, die mich innerlich aufregen, die sind ja auch ein starker Antrieb, aktiv zu werden, was zu tun! Ok, vielleicht brauchen diese starken Gefühle manchmal ein Korrektiv, um nicht zu übers Ziel hinauszuschießen - Weisheit und Barmherzigkeit würden mir da einfallen.

Weisheit lenkt die Wut hin zum kraftvollen Handeln

Vor ein paar Jahren hatte das Hilfswerk MISEREOR in der Fastenzeit das Motto „Mit Wut und Zärtlichkeit“. Das ist vielleicht eine ungewöhnliche und etwas sonderbare Mischung von starken Gefühlen, aber eine, die kraftvolles und gleichzeitig achtsames Handeln ermöglicht. Ich meine, damit lässt sich eine Menge anpacken!

Möglicherweise passt das sogar zum heutigen Get-over-it-Day: Es braucht schließlich eine Menge Energie, Altes hinter sich zu lassen und Neues zu wagen. Und ich finde, das geht am besten mit Wut, Mut und Zärtlichkeit!

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