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Lebensballast
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Lebensballast

Prof. Dr. Markus Tomberg
Ein Beitrag von Prof. Dr. Markus Tomberg, Professor für katholische Religionspädagogik, Fulda und Marburg
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Wir ziehen um. Drei Wörter mit großer Bedeutung. Wir ziehen um, das heißt: Abschied nehmen, Möbel abbauen, Kisten packen, alles ein- und an einem anderen Ort wieder auspacken. Neue Plätze für die Möbel suchen, neue Menschen kennenlernen, neue Geschäfte für den Einkauf finden. Was mir nie gelungen ist: Mich von Dingen, die nicht mehr gebraucht werden, zu trennen.

Und so stehen einige Kisten still in einer Ecke im Keller. In mehreren Umzügen haben sie sich angesammelt, ausgepackt habe ich sie nie. In ihnen drin: Sachen, gesammelt an verschiedenen Orten und über viele Jahre. Lebensstücke, längst nicht mehr gebraucht, aber doch eben nicht weggeworfen.

Nein, benutzen werde ich sie wohl nicht mehr: alte Schulhefte aus der dritten Klasse, den eiernden Kassettenrekorder, den zersprungenen Bilderrahmen. Die zerlesenen Kinderbücher, so eng bedruckt, dass sie heute niemand mehr zur Hand nimmt. Irgendwer wird sie einmal entsorgen müssen. Ich bringe das nicht übers Herz.

Lebensballast. Vielleicht ist das das richtige Wort für die Umzugskartons im Keller. Ballast: Darunter versteht man Gewichte, die Schiffe aufrecht, Waschmaschinen am Platz und Flugzeuge im Gleichgewicht halten. Ob mein Lebensballast auch so etwas ist? Ein Gegengewicht zum Jetzt, ein Ankerpunkt in der Vergangenheit?

Vielleicht. Auf jeden Fall enthalten die Kartons Erinnerungen. Erinnerungen, die nur darauf warten, geweckt zu werden. Ein Stück von mir selbst, in Kisten gepackt. Gutes, aber auch Unangenehmes, Peinliches und Schlechtes, an das ich lieber nicht rühren möchte. Fürs Erste bleibt das im Keller gut aufgehoben.

Die Bibel hat da noch einen weiteren Rat. Werft eure Sorgen, eure Nöte, euer Versagen und eure Peinlichkeiten auf ihn, auf Gott, sagt sie. Kein Satz für mich für heute. Aber einer für den Lebensballast. Bitte nicht entsorgen. Man kann ihn bestimmt noch gebrauchen.

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