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Die Entdeckung, „Ich“ zu sagen – Wie Selbstvertrauen wächst
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Die Entdeckung, „Ich“ zu sagen – Wie Selbstvertrauen wächst

Dr. Ulf Häbel
Ein Beitrag von Dr. Ulf Häbel, Evangelischer Pfarrer, Laubach-Freienseen

Eines unserer Enkelkinder heißt Meyla. Sie ist eineinhalb Jahre alt und lernt gerade sprechen. Mama und Papa, Oma und Opa, Traktor und Ball konnte sie schon eine Weile sagen. Aber nun plappert sie alles nach, was sie von anderen hört. Oft kommt dabei ein kindliches Gebrabbel heraus, aber immer öfter auch ganz verständliche Worte.
Vor kurzem hat sie eine Entdeckung gemacht. Die zwei Jahre ältere Schwester hatte beim Spielen ihren Namen gesagt, Meyla. Da ist die Kleine im Sandkasten aufgestanden, hat mit dem Zeigefinger auf sich selbst gezeigt und hat „ich" gesagt. Ihre Schwester fand das lustig und hat ein Spiel daraus gemacht. Immer wieder sagte sie: „Meyla“, und die Kleine deutete auf sich und sagte: "Ich".
Jetzt fängt sie an, sich als Person zu begreifen, dachte ich. Es ist eine Entdeckung, wenn ein Kind sich in seinem eigenen Namen findet und das auch zeigt. So fängt Selbstbewusstsein an. Wenn jemand „Ich“ sagt, und nicht nur dieses kurze Wort wiederholt, sondern authentisch von sich selbst zu reden beginnt. Damit fängt gegenseitiges Verstehen an. Ich bin ich und du bist du. Wir können miteinander reden.
Ich zu sagen, bedeutet: Ich weiß, wer ich bin. Ich kenne meine Fähigkeiten und meine Grenzen. Ich stehe zu meiner Meinung und sage sie auch. Ich zu sagen, fängt im Kindesalter an. Das gilt auch im weiteren Leben.
Wenn ich nicht offen und ehrlich sage, was ich meine oder glaube, bleibt mein Gesprächspartner im Ungewissen. Er muss rätseln, was ich meine, und er wird dann auch mit seiner Meinung zurückhaltend sein.
Darum: Sag offen und ehrlich, was du denkst und fühlst, und gesteh das dem anderen genauso zu. Mit Ehrlichkeit und Respekt fängt das Vertrauen an. Das ist in der Politik genauso nötig wie in jeder Begegnung zwischen Menschen.
Der jüdische Philosoph Martin Buber hat das in seiner Ich-Du-Philosophie beschrieben. Ein guter Dialog beginnt damit, dass ich mich dem anderen offen und ehrlich zuwende. Das gelingt mir besser, wenn ich ein gesundes Selbstbewusstsein habe und mich selber wertschätze. Wenn ich weiß, ich bin wertvoll, so wie ich bin – und der andere ist es auch -, fördert das die vertrauensvolle Beziehung zwischen uns.
Ein gutes Selbst entwickelt sich schon in der Kindheit. Es kann zu einem Urvertrauen werden, das lebenslang trägt. Das wünsche ich auch meiner Enkeltochter, die anfängt, „Ich“ zu sagen, wenn sie ihren Namen hört.
Ein gutes Selbstbewusstsein würde ich als ihr Großvater gern in ihr stärken auch durch den Glauben an Gott. Der spricht: Fürchte dich nicht; ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist viel wert. Und du musst keine Angst haben vor dem Du."

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