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Der Trost eines Plastik-Weihnachtsbaums
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Der Trost eines Plastik-Weihnachtsbaums

Martin Vorländer
Ein Beitrag von Martin Vorländer, Evangelischer Pfarrer und Senderbeauftragter für den DLF, Frankfurt
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Es war im Advent vor einem Jahr. Ein Familienangehöriger hatte schon länger Schmerzen beim Kauen. Über Nacht wurden die Schmerzen so stark, dass er sich nur noch krümmte.

Ich packte ihn ins Auto und fuhr zu einer Klinik. Die Fahrt dorthin kam mir endlos vor. Jede rote Ampel bedeutete, dass er auf dem Beifahrersitz noch länger aushalten musste – und ich musste die Nerven behalten, um sicher zu fahren.

Krankenhausaufenthalt mit glimplichen Ausgang

In der Klinik das Wartezimmer voll und fraglich, ob wir überhaupt drankommen. Aber dann ging es sehr schnell, und er bekam Schmerzmittel.

Später stellte sich heraus: Ursache war eine starke Entzündung im Kieferraum. Schmerzhaft, aber glimpflich angesichts dessen, was alles die Ursache hätte sein können. Er musste zur Behandlung im Krankenhaus bleiben.

Ein blinkender Plastikweihnachtsbaum

So waren wir in diesen Adventstagen nicht behaglich daheim. Stattdessen fuhr ich zwischen Klinik, Büro und Zuhause hin und her.

Im Flur auf der Klinikstation stand neben dem Kaffeeautomaten ein halbhoher Weihnachtsbaum. Aus Plastik mit einer blinkenden Lichterkette. Das Licht der Lämpchen hatte einen bläulichen, eher kalten Ton.

Ein vorweihnachtliches Zeichen auf der Klinikstation

Sonst würde ich sagen: hässlich. Aber in dieser Situation hat mich der Plastik-Tannenbaum gerührt. Auch hier ist Advent, dachte ich. Da hat sich jemand Gedanken gemacht, wie man wenigstens ein vorweihnachtliches Zeichen auf der Klinikstation setzen kann.

Echtes Tannengrün geht aus hygienischen Gründen nicht. Dann zumindest aus Kunststoff und ein paar Lichter, die blinken in die Ungewissheit hinein, mit der die Patienten und ihre Angehörigen hier zurechtkommen müssen.

Dankbar für jedes Symbol, das Hoffnung macht

Ich bin in schweren Zeiten besonders offen für jedes Zeichen dafür, dass da jemand an andere und in diesem Fall an uns denkt.

Wenn ich mir Sorgen mache, bin ich einfach dankbar für jede Geste, für jedes Symbol, das mir über die Situation hinaus Hoffnung macht. Und selbst wenn es so ein Kunststoff-Christbaum ist.

Mit Weihnachten kommt Gottes Licht in die Welt

Immerhin: Das Grün seiner Zweige ist die Farbe der Hoffnung. Seine Blinklichter sind eine Erinnerung daran: Das Leben soll nicht trüb und trostlos bleiben. Wir gehen auf das Licht zu.

Mit Weihnachten kommt Gottes Licht in die Welt. In der Bibel steht als Beschreibung von Weihnachten: „Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.“ (Johannes 1,5).

Jedes Licht auf einer Krankenstation kann ein Blinkzeichen der Hoffnung sein

Finsternis gibt es genug auf einer Klinikstation. Die Finsternis der Angst, was die Diagnose bringt  – glimpflich ausgegangen oder werde ich mit einer Krankheit, mit einer Einschränkung leben müssen?

Da kann ich jedes Licht gebrauchen, das nicht verschluckt wird, sondern Blinkzeichen des Weiterlebens gibt.

Bei meinem Familienangehörigen ging die Sache gut aus. Er konnte nach ein paar Tagen in der Klinik wieder nach Hause. Den Kunststoff-Christbaum auf dem Flur der Klinikstation mit seiner blinkenden Lichterkette habe ich heute noch vor Augen.

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