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Trauer
Bildquelle: Gerd Altmann/Pixabay

Trauer

Jens Haupt
Ein Beitrag von Jens Haupt, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Ich trage Trauer. Mein Sohn ist gestorben. Wir haben viele Trauerkarten bekommen. Manche Karten waren sehr persönlich und nah. Andere wieder knapp, weil wohl die richtigen Worte fehlten. Alle aber haben mir gutgetan.

Ich habe sie sortiert. Einen Stapel mit denen, für die ich mich noch persönlich bedanken will, und der andere Stapel von denjenigen, denen ich zwischenzeitlich begegnet bin. Und mit denen ich gesprochen habe. Oft habe ich gelesen und gehört, dass man mir viel Kraft wünscht. Und Trost.

Na gut, Trost beim Verlust eines nahen Menschen sucht man sich irgendwie. Er kommt langsam. Man erzählt vom Verstorbenen, man findet Spuren, die das Weiterleben mit dem Verlust irgendwie möglich erscheinen lassen. Oder man sortiert wie ich Trauerkarten und Fotos, findet Erinnerungsstücke und empfindet sie plötzlich als wertvoll. Das alles baut am Trost, der wachsen kann.

Aber der Wunsch nach Kraft, den fand ich erst einmal platt. Kraft, klar, braucht man für die Beerdigung, für die Rückkehr in so etwas wie Alltag. Mit etwas Abstand verstehe ich das aber inzwischen anders. Ich spüre besser, was Kraft bedeuten könnte. Ich habe sie nämlich nicht mehr. Trauer heißt Arbeit. Und Arbeit macht müde. Unendlich müde. Ich habe versucht an meinen Arbeitsplatz zurückzukehren. Es geht. Aber es geht nur kurz. Die Konzentration reicht nicht lange, die Geduld mit anderen ist sehr begrenzt, die Empfindlichkeit hoch.

Ich trauere und bin merkwürdig. Smalltalk und viele Menschen auf einmal sind eine unendliche Hürde. Ich meide beides. Ich weiß, es kann wieder anders werden, im Moment ist es das noch nicht. Was wird mir helfen? Zum Beispiel Menschen, die sich trauen zu fragen, wie ich klarkomme. Die sich auch trauen nach meinem Glauben und meinem Hader zu fragen. Die für mich beten und eine Idee haben, was sie mir noch Gutes tun können.

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