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Plötzlich setzt er sich zu mir
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Plötzlich setzt er sich zu mir

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel
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Plötzlich setzt er sich zu mir, erzählt er mir. Ein Schwarzer, gar nicht von hier. Ich stutze, frage mich, was der hier will auf der Bank im Park. Aber dann denke ich, der kann ja auch hier sitzen wie ich. Kann auch nichts zu tun haben. Also schaue ich weiter vor mich hin auf den Teich. Ganz ruhig ist es im Park, erzählt er. Das Wasser auch. Ein paar Enten schwimmen herum. Ich gucke ihnen zu und denke: Die haben auch nichts zu tun. Da spricht der mich doch an, sagt er, der schwarze Mann neben mir. Ich meine, das hat noch nie jemand gemacht, mich ansprechen. Ob ich von hier wäre, fragt er einfach. Und was ich mache, ob alles gut sei und so. Fragt der mich. Und spricht wie ich. Hochdeutsch. Ich drehe mich zur Seite und sehe ihn an. Gucke ihm direkt ins Gesicht. Jung ist er, hat die Haare hell gefärbt. Soll wohl nicht alles so schwarz sein, denke ich noch. Und merke, wie ich anfange zu erzählen. Von mir zu erzählen. Als kennte ich den Mann schon länger. Ich höre erstmal gar nicht mehr auf zu reden, sagt er mir. Von meinen Kindern, der toten Ehefrau, meiner kleinen Wohnung und warum ich gerade nichts zu tun habe. Und der andere, also der Fremde, fragt immer weiter. Wir kommen sogar ins Gespräch. Seine Eltern aus Afrika, er von hier und so. Nett war das. So viel habe ich schon ewig nicht mehr geredet. Von mir erzählt. Habe ich Zuhause gemerkt, sagt er. Und wie locker das war. Ich habe tatsächlich vergessen, auf die Enten zu gucken. Das war richtig wie Leben, dass da einer zugehört hat, erzählt er mir. Interessiert war an mir. Ich glaube, ich habe ihm sogar die Hand gegeben, als ich heimging.

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