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Ich krieg die Krise
Bild: rita_s_pixabay

Ich krieg die Krise

Jochen Straub
Ein Beitrag von Jochen Straub, Seelsorge für Menschen mit Behinderung im Bistum Limburg
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„Ich krieg die Krise!“ – wie oft habe ich diesen Satz schon gehört. Bevorzugt hat meine Tochter ihn eine Zeitlang gesagt. Sie hat bei allem Möglichen die Krise gekriegt: bei nervigen Eltern, bei schlechtem Internet, bei zu heißer Suppe und vielem, vielem mehr. „Ich krieg die Krise“, denke ich mir manchmal auch. Da gibt es die kleinen Krisen im Alltag, wenn etwas mal nicht so klappt, wie ich es mir vorstelle oder ich jemanden nicht erreiche, wenn ich es wünsche. Es gibt aber auch die großen Krisen, wie die Corona-Pandemie, die uns jetzt schon über ein Jahr lang beschäftigt, und ich muss es gestehen: da krieg ich langsam wirklich die Krise. Wie gerne würde ich wieder Menschen umarmen, laut und ungezwungen Lieder singen, und dieses Desinfektionsmittel kann ich schon lange nicht mehr riechen.

Statt Aufregen Lösungen suchen

Was kann in solchen Krisen-Zeiten helfen? Eine Antwort finde ich bei Vicco von Bülow, besser bekannt als: Loriot. Sein Todestag jährt sich im August dieses Jahres 2021 zum zehnten Mal. Er hat einmal gesagt: „In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen.“ Dieser Satz ist mir sehr nahe. Mich ärgert es, wenn immer nach einem Schuldigen für eine Sache gesucht wird und wenn darauf die ganze Energie verwendet wird – da krieg ich wirklich die Krise. Vielmehr gefällt es mir, wenn Menschen nach Lösungen suchen, wenn sie versuchen, in der Krise Dinge möglich zu machen. Es heißt für mich aber auch: Dinge, die Lösungen sind, geduldig zu ertragen. Bis hin zum allgegenwärtigen Geruch des Desinfektionsmittels will ich das versuchen – wissend, dass es vielleicht keine andere Lösung gibt. Das macht mir Mut und das gibt mir Hoffnung, und vielleicht sagen wir viel zu oft „Ich krieg die Krise“ und viel zu selten „Ich krieg die Hoffnung“.

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