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Gebet als Protest

Gebet als Protest

Alexandra Becker
Ein Beitrag von Alexandra Becker, Katholische Pastoralreferentin, Pfarrei St. Franziskus, Frankfurt
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Moderator/in: In den letzten Wochen gab es ja jede Menge Sendungen zum Mauerfall. Vor der Wende gab es Proteste und Demonstrationen - auch in den Kirchen. Ganz entscheidend waren da die Montagsgebete in Leipzig, von denen dann ja auch die Montagsdemos ausgingen. Alexandra Becker von der katholischen Kirche: 30 Jahre ist das jetzt her. Was denkst du heute über die Beteiligung der Kirchen damals?

Mich berührt das sehr, dass die Wende auch von den Kirchen und von den Gebeten der Menschen ausging! Diese Friedensgebete in der Nikolaikirche in Leipzig haben ja schon Jahre vor dem Mauerfall begonnen. Und es wurden dann immer mehr Menschen, die sich dort versammelt haben. Um zu beten und damit aber auch ihren Protest zu zeigen.

Für viele ist das ja vielleicht ein ungewöhnlicher Gedanke: Dass frommes Gebet und politische Demo zusammengehören. Wie ist das für dich?

Für mich kann in einem Gebet durchaus Protest stecken. Wenn ich um Frieden, Gerechtigkeit oder Freiheit bete, dann will ich, dass sich etwas verändert. Klar, der Adressat im Gebet ist Gott. Er soll Frieden und Gerechtigkeit geben. Aber in jedem Gebet geht es auch um mich. Wenn ich um Frieden bete, dann frag ich mich auch: Was kann ich denn selbst dafür tun?

Das war für die Menschen in der DDR ja aber auch gefährlich, sich gegen das Regime zu positionieren.

Ja, und ich glaube, das Gebet hat den Menschen dazu Mut gegeben. Am 9. Oktober 1989 kamen etwa 9.000 Menschen in die Kirchen zum Gebet, und anschließend waren es über 70.000 Menschen, die durch die Straßen von Leipzig gezogen sind. Da griffen dann auch die Sicherheitskräfte der SED nicht mehr ein. Es blieb also friedlich an diesem Abend. Ich bin mir sicher: Die Gebete haben einen ganz wichtigen Teil dazu beigetragen!

 

 

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