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Ein bleibendes Geschenk
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Ein bleibendes Geschenk

Dr. Ursula Schoen
Ein Beitrag von Dr. Ursula Schoen, Prodekanin, Evangelisches Stadtdekanat Frankfurt
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Was schenke ich Deiner Tochter zum Geburtstag? Der Patenonkel fragt das jedes Jahr pünktlich vor dem Termin. Wenn ich diese Frage an meine Tochter weitergebe, sie ist inzwischen Studentin, sagt sie nach kurzem Überlegen meistens: Du, ich brauche nichts. Ich habe eigentlich alles! Ich brauche höchstens einen Zuschuss für meine Reise nach Schweden. Ich wende ein: Du weißt doch, der Onkel schenkt gerne Bleibendes! Wie wäre es denn mit einem kleinen Zelt? Die Antwort kommt schnell: Meine Freundin Hanna hat ein Zelt. Das kann ich mir ausleihen, wenn ich eins brauche. Nein, eigentlich brauche ich nichts.

Zwei Blicke auf Besitz und Wohlstand treffen hier aufeinander: Der Ältere möchte die Nichte fürs Leben ausrüsten. Ihren Besitz um etwas Nützliches erweitern. Eben „Bleibendes“ schenken. Damit meint er es durchaus gut. Denn er kennt noch Notzeiten. Damals war es überlebenswichtig, gut ausgerüstet zu sein. Aber die Tochter kennt nur gute Zeiten, keine Notzeiten. Alles, was sie brauchte, stand fast immer zur Verfügung. Sie hat einen ganz pragmatischen Zugang zum persönlichen Besitz: Brauch ich’s oder nicht? Ihr Zimmer in der WG ist klein. Der Studienortwechsel ist schon in Planung. Da ist jedes Stück zu viel. Was sie braucht, kauft sie secondhand oder leiht es sich einfach. Sie hält nichts mehr vor für den Fall der Fälle. Sie besitzt gerade so viel, wie man mit eigenen Händen zum nächsten Lagerplatz oder Haltepunkt tragen kann, reist wie eine Nomadin mit leichtem Gepäck. Sie verlässt sich darauf: In meinem Beziehungsnetz schon jemand geben, der mir mit dem Notwendigen aushelfen wird. Was für sie zählt, sind die Beziehungen, nicht der Besitz!

Von Abraham, dem Nomaden, wird zu Anfang der Bibel berichtet. Er war durchaus ein reicher Mann, denn er hatte eine große Viehherde. Daher war er wohlhabend. Sein Besitz gab ihm Würde und Bedeutung. Abraham wurde aber nicht wegen seines Wohlstandes berühmt. Berühmt wurde Abraham für etwas anderes, nämlich sein Gottvertrauen. Er verlässt sich auf Gott und lässt sich von ihm die nächsten Schritte weisen. Abraham, der Nomade, wagt sich auf unbekannte Wege. Gott selbst sorgt dafür, dass es ihm gut geht. Er bleibt an seiner Seite. Abrahams Leben ist in Bewegung und doch bleibt er mit Gott verbunden.

Ich lerne etwas von jungen Nomaden wie meine Tochter. Sie vertraut anderen und erlebt, dass sich dies lohnt. Vor einigen Tagen suchte ich mein Fahrrad. Meine Tochter sagte ganz nüchtern: Du, das habe ich Hannah kurz geliehen. Die brauchte das gerade dringender als Du! – Dem Patenonkel werde ich in Zukunft sagt: Schreib ihr doch einen Brief. Der wiegt nicht viel und er erinnert sie immer an dich.

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