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Bescheidene Prahlerei – Wer außer mir soll es denn sonst machen?
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Bescheidene Prahlerei – Wer außer mir soll es denn sonst machen?

Andrea Seeger
Ein Beitrag von Andrea Seeger, Evangelische Theologin

Tue Gutes und rede darüber! In der Ellbogengesellschaft ist das ein ehernes Gesetz. Prahlerei gehört zum Geschäft. Wie es ein altes pommersches Sprichwort schon sagt: „Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.“ Neu ist eine besonders perfide Mischform: die Prahlerei mit Understatement, die bescheidene Prahlerei also. Beispiel gefällig? „Es ist so anstrengend, der Einzige zu sein, dem mein Chef diese Arbeit zutraut.“ Oder: „Ich dränge mich nicht danach, das zu übernehmen, aber wer außer mir soll es denn machen?“
Eine Studie aus den USA besagt, dass die meisten Menschen sehr wohl unterscheiden können zwischen aufrichtiger Bescheidenheit und einer Prahlerei, die in Bescheidenheit verpackt ist. Die US-Forscher schreiben unlauteren Prahlhansen ins Stammbuch: Wer vermeintlich bescheiden prahlt, wirkt weniger sympathisch und kompetent. Die Wissenschaftler setzen sogar noch eins drauf: In Bescheidenheit verpackte Angeberei ist noch schlimmer als pure Angeberei. Und die ist laut Bibel schon schlimm genug. Denn wehe dem, der rausposaunt, dass er gespendet hat. Schweigen ist das Gebot der Stunde. In der Bibel steht: Wer Almosen gibt, soll die linke Hand nicht wissen lassen, was die rechte tut. Ein ganz schlechter Deal also für alle Spender, die ihr Gewissen öffentlich reinwaschen wollen. Wenn sie sich ans biblische Gebot halten, wird niemand von ihrer Güte erfahren. Außer dem Vater im Himmel. Der falsche Bescheidene kann das Gebot nicht befolgen. Denn gerade er muss ja lauthals seine Großzügigkeit kundtun. Er würde sagen: „Ich weiß ja, dass ich nicht darüber reden soll – aber wenn es doch kein anderer tut!“ Mag die dicke Spende eines Prahlhanses bei den Adressaten auch willkommen sein, auf der Sympathieskala punktet er eher nicht.

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