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Mehr als ein Stöffchen – Ebbelwoi soll Kulturerbe werden
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Mehr als ein Stöffchen – Ebbelwoi soll Kulturerbe werden

Christoph Wildfang
Ein Beitrag von Christoph Wildfang, Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain
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Moderation: Ebbelwoi soll auf die offizielle Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO. Der Antrag dafür ist gestellt. Das hat das hessische Wissenschaftsministerium am Mittwoch, 5. August 2020, mitgeteilt. Pfarrer Christoph Wildfang aus Arnoldshain freut sich über diese Wertschätzung unseres hessischen Kultgetränks. Er findet: Ebbelwoi ist mehr als ein feines Stöffchen. Dazu sein hr1 Zuspruch. 

Das fehlt mir: Ausgehen in eine Ebbelwoi-Wirtschaft. Voll ist sie normalerweise. Alle Tische und Bänke besetzt. Ich schau mich suchend um. Und einer ruft: „Hier ist noch Platz. Hock dich her!“ Die Leute am Tisch um den großen graublauen Krug rutschen ein bisschen zusammen. Passt. Der neue Krug Äppler kommt. Das Gerippte dazu und eine Flasche Wasser. Laut ist es. Ein lustiger Abend steigt.

Zusammenrücken geht gerade nicht

Ich weiß: Zusammenrücken geht grad nicht. Die Gäste sitzen auf Abstand. In manchen Ebbelwoi-Lokalen im Freien ist eine Plexiglasscheibe zwischen den Tischen. Und trotzdem. Ich habe Sehnsucht. Nach fröhlichen Runden rund um den Äppler. Manchen schmeckt‘s erst nach dem dritten Glas. Vielleicht schmeckt dann alles. Grad jetzt, wo‘s so  heiß ist, tut schon der erste Schluck gut.

Zum Apfelwein gehört das Zusammensein

Ich freu mich, dass unser Ebbelwoi wohl auf die Liste der immateriellen Kulturgüter der Welt kommt. Passt. Grad, weil es kein Drink für die Einsamkeit ist. Allein aus der Flasche vor der Glotze. Passt für mich nicht. Zum Ebbelwoi gehört das Zusammensein. Gemeinschaft. Laut. Fröhlich. Dafür ist für mich unser Äppler ein Symbol. Ellenbogen auf dem Tisch. Babbeln und zuhören. Trösten und ermutigen. Gemeinschaft rund um den Krug hält. Trägt manchen.

Auch das Abendmahl geht eigentlich nicht allein

Unterschiedliche Leute, die sich an einem Tisch zusammenfinden. Das kennen wir  auch in den Kirchen. „Tisch des Herrn“ nennen wir den Altar, an dem wir Abendmahl feiern. Klar, ist nicht das Gleiche. Aber vom Symbol her ähnlich. Auch das Abendmahl geht eigentlich nicht mutterseelenallein.

Durstlöscher für die Seele

In meiner Kirche stehen wir rund um den Altar. Denken an Jesus mit seinen Freunden, wie sie gemeinsam Brot gegessen und Wein getrunken haben. An das Sehnsuchtsmahl. An Hoffnung auf noch viel mehr. Mensch und Mensch an einem Tisch. Gott und Mensch an einem Tisch. Durstlöscher für die Seele.

„Hock dich her!“

Meine Kehle dürstet in dieser Hitze. Und meine Seele dürstet nach Gemeinschaft. Danach habe ich Sehnsucht. Dass einer ruft: „Hock dich her!“ Und dann teilen wir die Bank. Und babbeln. Und schenken gastfreundlich nach. Aus dem großen blaugrauen Krug. Ebbelwoi.

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