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Mikro-Abenteuer
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Mikro-Abenteuer

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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Als großer Italien-Fan habe ich mir als Jugendliche immer vorgestellt, wie schön es sein müsste, einmal die italienische Küste am Meer entlang zu laufen, mit ein, zwei Freunden oder Freundinnen, wenig Gepäck und – als Jugendliche eben – mit wenig Geld. Wir würden tagsüber mit den Füßen im Wasser laufen oder gerade da, wo der Sand von den Wellen noch fest und nicht zu heiß ist, nachts am Strand schlafen und von Obst und günstiger Pasta leben. Ein bisschen war ich da in meinen Träumen sicher inspiriert von den Survival-Büchern von Rüdiger Nehberg, der vor nicht langer Zeit gestorben ist. Das fand ich sehr spannend, wie er in seinem Büchern berichtet hat, wie es gelingt, in der Wildnis zu überleben – und Wildnis, das musste ja nicht unbedingt im Wald sein.

Wenn schon nicht das große Abenteuer...

Ehrlich gesagt habe ich diese Tour an der italienischen Küste nie unternommen, und ich kann nicht einmal mehr sagen, ob es am fehlenden Mut gescheitert ist, am Einspruch meiner Eltern oder weil ich niemanden gefunden habe, der mitgekommen wäre. Es ist so lange her. Aber so ein bisschen Abenteuerlust, die ist wohl geblieben. Jedenfalls ist mir in einem Zeitungsartikel am Anfang der Coronazeit ein Wort ins Auge gesprungen, das mich direkt angesprochen hat: Mikro-Abenteuer.

Mikro-Abenteuer, das sind keine großen Geschichten, sondern kleine Abenteuer im Alltag, verträglich auch mit den Einschränkungen von jetzt gerade. Vor kurzem habe ich gesehen: Es gibt mittlerweile sogar Anleitungsbücher für Mikro-Abenteuer im Buchhandel. Da lag ich mit meiner Faszination wohl im Trend – und vielleicht haben manche Menschen, z.B. beim Draußen-Übernachten, auch tatsächlich richtig Spannendes erlebt.

Warum in die Ferne schweifen...

Für mich war es eher ein Anstoß, genauer hinzu schauen und Dinge zu tun, für die ich sonst keinen Kopf und keine Zeit habe: Ich bin zum Beispiel mit einer Vogel-App durch die stadtnahe Wildnis gestreift und habe dabei entdeckt: Auf dem Friedhof bei mir am Ort gibt es richtig seltene Vogelarten! Ich habe neue Wege und Pfade in meinem Stadtteil gefunden, obwohl ich doch dachte, mich dort auszukennen. Und einmal bin ich mit meiner Mutter nur ein Dorf weiter gefahren, und wir haben uns dort umgesehen – denn wir mussten beide zugeben, dass wir da zwar schon oft durchgefahren, aber nie ausgestiegen sind. Und wir haben nicht nur eine gute Eisdiele, sondern auch ein beeindruckendes altes herrschaftliches Landgut entdeckt.

Gott im Kleinsten wie im Größten finden

Kleine, unspektakuläre Aktionen, eher ein Genauer-Hinsehen als die große Spannung. Ich musste an einen Ausdruck denken, den ich mit dem heiligen Ignatius verbinde: das Verkosten der Dinge von innen her. Nochmal genau nachschmecken, auf der Zunge zergehen lassen….

„Verkosten“, das ist so ein altes Wort, naja, Ignatius hat ja auch schon vor 500 Jahren gelebt. Manche Menschen sagen noch „köstlich“, wenn etwas gut schmeckt. Was wir oft gebrauchen, ist das Wort „kostbar“.  Kostbar, also wertvoll waren Ignatius diese Erfahrungen, weil er überzeugt war: Gott lässt sich genauso im Kleinsten wie im Größten finden.

Genauer hat Ignatius gesagt: „Nicht das Vielwissen sättigt und befriedigt die Seele, sondern das Verspüren und Verkosten der Dinge von innen her“ … und ich finde, das ist doch eine super Anleitung zu großen oder kleinen Mikro-Abenteuern!

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